Der AI Pin von Humane erntete in der Fachpresse vernichtende Kritiken und die Verkäufe blieben deutlich hinter den Erwartungen.
Humane

Die Gerüchteküche brodelt schon länger: Humane, das Unternehmen hinter dem gescheiterten KI-Gadget AI Pin, sucht nach einem Käufer. Anscheinend ist das KI-Start-up mit HP im Gespräch über einen möglichen Verkauf. Gerüchteweise ist von mehr als einer Milliarde Dollar die Rede.

Wie die New York Times berichtet, dürften die Gespräche über einen Verkauf bereits eine Woche nach dem Launch des AI Pin im April begonnen haben. Schon damals dürften sich schlechte Verkaufszahlen abgezeichnet haben. Statt der anvisierten 100.000 Stück wurden nur 10.000 Pins tatsächlich verkauft. Das macht rund sieben Millionen Dollar Umsatz, ohne die Aboeinnahmen. Bei Humane beziffert man den eigenen Wert dennoch mit 1,1 Milliarden US-Dollar.

HP könnte zuschlagen

Beim Fachmedium The Verge hält man es gar nicht für unwahrscheinlich, dass HP zuschlägt und Humane kauft. Schließlich hätte HP im Jahr 2010 auch 1,2 Milliarden Dollar für Palm (eine Art digitaler Organizer) sowie das webOS-Betriebssystem ausgegeben. Ein veritabler Bauchfleck, wie sich herausstellte. HP stellte die Produktion und den Support für Palm nach nur einem Jahr ein. Die Rechte an webOS liegen mittlerweile bei LG.

Humane ist ein Unternehmen, das 2018 von zwei ehemaligen Apple-Mitarbeitern, Imran Chaudhri und Bethany Bongiorno, gegründet wurde. Die Firma erhielt 230 Millionen Dollar von einigen namhaften Investoren wie OpenAI-CEO Sam Altman und Salesforce-CEO Marc Benioff und wurde vor dem Start mit einer Milliarde Dollar bewertet. Das Produkt, der AI Pin, ist so etwas wie ein Star-Trek-Kommunikator. Er wird magnetisch an das Oberteil geklemmt und kann für Sprachbefehle angetippt werden. Der Pin hat "keine Apps", wie die Gründer erklärten, und ist im Wesentlichen nur ein Sprachassistent mit einem Touchpanel, einer Batterie, einer Kamera, einem Lautsprecher und einem Mikrofon.

Vernichtende Kritiken

Der Pin hat keinen herkömmlichen Bildschirm, aber ein Laserprojektor kann eine Smartwatch-ähnliche Benutzeroberfläche auf die Hand projizieren. Gesteuert werden die Menüs mit Gesten. Der Preis für ein solches Gerät liegt bei 700 Dollar plus 24 Dollar pro Monat. Zum Vergleich: Eine Apple Watch ist mit 400 Dollar nicht nur günstiger, sie dürfte im Alltag auch deutlich nützlicher sein. Denn: Der Humane AI Pin funktionierte nie richtig. Die Urteile der Fachpresse waren deshalb vernichtend: Während The Verge ein "nicht einmal annähernd" vergab, sprach der bekannte Tech-YouTuber Marques Brownlee vom "schlechtesten Produkt, das ich je getestet habe".

Brandgefahr durch das Ladecase

Die Kritik kam bei den beiden Gründern nicht besonders gut an und sie kritisierten ihrerseits die Kritiker für ihren angeblich mangelnden Optimismus. Nur wenig später musste Humane die eigenen wenigen Kunden per E-Mail vor dem eigenen Produkt warnen. Darin hieß es, dass die Ladehülle des Pins ein Brandrisiko darstellen kann.

Das Laserdisplay des AI Pins führte außerdem dazu, dass das Gerät überhitzt. Die Times berichtete, dass die Führungskräfte von Humane das Gerät zuvor mit Kühlakkus kühlen mussten, damit es länger lief. Berichten zufolge feuerte das Unternehmen im Februar einen leitenden Softwareentwickler, weil er die Frage in den Raum gestellt hatte, ob der Pin überhaupt reif für die Veröffentlichung sei. Damit hatte der Angestellte laut dem Bericht gegen eine Unternehmensrichtlinie verstoßen, die es Mitarbeitern untersagt, negativ über Humane zu sprechen.

Kritik unerwünscht

Ehemalige und derzeitige Mitarbeiter erzählten der Publikation, dass Chaudhri und Bongiorno Warnungen über die schlechte Akkulaufzeit und den Stromverbrauch des KI-Pins missachteten und "Positives über Kritik" stellten. "Man kann nicht alles wissen, bevor man auf den Markt kommt", sagte Bongiorno in einem Interview mit der Times, und Chaudhri fügte hinzu, dass man "definitiv wünschte, wir hätten einige dieser Dinge ein wenig anders lösen können", was die schlechten Kritiken des AI Pin betrifft. (pez, 9.6.2024)