Als "absolute Katastrophe" beschreibt René Farkas die Situation. Er ist Feuerwehrmann im Bezirk Oberwart und einer von vielen, der gegen die Verwüstung kämpft, die die Unwetter am Wochenende verursacht haben. "Die Feuerwehr ist durchgehend im Einsatz, die Leute sind fertig, aber es ist kein Ende in Sicht", sagt er zum STANDARD. Wer noch einen intakten Traktor hat, transportiert Sperrmüll, erzählt er. In Mischendorf (Bezirk Oberwart) wird zudem seit Sonntag ein Mann vermisst, Polizei und Feuerwehr suchen nach ihm. Der 77-Jährige ist nicht mehr nach Hause zurückgekehrt, nachdem er im Gemeindeamt seine Stimme bei der EU-Wahl abgegeben hatte.

Stündlich steigt die Schadenssumme, bis sich das ganze Ausmaß beziffern lässt, dauert es noch. Doch die ersten Zahlen geben einen Einblick, was Hagel, Starkregen und Sturmböen angerichtet haben. "Den ersten Erhebungen zufolge beläuft sich der Schaden im Burgenland, der Steiermark und Niederösterreich gemeinsam auf rund fünf Millionen Euro", sagt Mario Winkler von der Österreichischen Hagelversicherung. Für Tirol erwarte er ebenfalls noch mindestens 500.000 Euro. Diese Summe gilt allerdings nur für landwirtschaftliche Nutzflächen. Häuser, Maschinen und Autos sind da nicht eingerechnet.

Ein Ort steht unter Wasser und es schauen nur noch Dächer raus
Nach den schweren Unwettern in der Nacht auf Sonntag war die Lage in Teilen Österreichs weiterhin dramatisch: In der Steiermark gingen zwar keine schweren Gewitter mehr nieder, dennoch waren vor allem der Norden des Bezirks Graz-Umgebung sowie der oststeirische Bezirk Hartberg-Fürstenfeld stark betroffen.
APA/BFV FÜRSTENFELD

Millionenschwere Schäden

Für private Infrastruktur gibt es eine Schätzung der Wiener Städtischen. "Wir rechnen allein bei uns mit Schäden in der Höhe von mehr als fünf Millionen Euro", heißt es in einer Aussendung der Versicherung. Nach Naturkatastrophen sei eine schnelle Schadensabwicklung notwendig. Dafür sei es wichtig, dass Betroffene nach ersten Aufräumarbeiten die Schäden mit Fotos dokumentieren und – wenn möglich – zerstörte oder beschädigte Sachen nicht gleich wegwerfen, sondern aufheben. Außerdem ist es ratsam, bei der Besichtigung sachkundige Handwerker oder Sachverständige beizuziehen.

Einschätzungen zur Schadenshöhe gibt es beim Innenministerium keine. Solche Informationen würden nur in Ausnahmefällen eingeholt, heißt es auf STANDARD-Anfrage. "Ausnahmefälle wären etwa Antragsstellungen für Beihilfen aus dem EU-Solidaritätsfonds, wie sie in den letzten Jahren aufgrund der früheren Unwetterereignisse mehrfach durchgeführt wurden", sagt eine BMI-Sprecherin.

Welche Versicherung zahlt

Für viele drängt sich nun die Frage auf: Was zahlt die Versicherung und was nicht? Bei Schäden nach Starkregen, Hochwasser oder Vermurung bieten die meisten Haushalts- und Eigenheimversicherungen Produkte mit begrenzter Deckung an – diese bewegt sich häufig zwischen 4000 und 10.000 Euro, heißt es bei der Arbeiterkammer (AK). Individuell sind höhere Versicherungssummen vereinbar, natürlich gegen einen Aufpreis. In hochwassergefährdeten Gebieten kann es laut AK aber sein, dass man gar keine Deckung bekommt.

Für Gegenstände im Haus ist die Haushaltsversicherung zuständig, für Schäden am Haus selbst die Eigenheimversicherung. Letztere kommt auch für Schäden nach einem Sturm auf, wenn beispielsweise das Dach weggerissen wird. Ein Sturm zählt im Übrigen erst als solcher, wenn eine Windgeschwindigkeit mit Spitzen von mehr als 60 km/h erreicht wird.

Vor einem Gasthaus stehen zahlreiche Kücheneinrichtungsgegenstände, die vom Hochwasser zerstört wurden. 
Für Gegenstände im Haus ist die Haushaltsversicherung zuständig –es sollte geprüft werden, ob Hochwasser, Überschwemmungen und Vermurungen mitversichert sind. Für Unternehmen sind Schäden als Betriebsausgabe abzugsfähig.
APA/ROBERT JAEGER

Schwimmende Autos

Und wie sieht es bei Kfz aus? Für Unwetterschäden am Auto kommt die Kaskoversicherung auf, je nach Kaskovariante gibt es einen Selbstbehalt. Eine normale Haftpflichtversicherung zahlt für Unwetterschäden nichts. Aber Achtung: Wurde ein Fahrzeug durch Wasser in Mitleidenschaft gezogen, darf es laut ÖAMTC nicht mehr gestartet werden. Startet man trotzdem und wird dadurch der Motor zerstört, kann die Versicherung ihre Leistung verweigern.

Schäden sollten der Versicherung grundsätzlich immer schriftlich gemeldet werden, das geht mittlerweile über die etwaigen firmeneigenen Apps recht unkompliziert. Zahlt die Versicherung nicht, können Katastrophenschäden zumindest in der Arbeitnehmerveranlagung als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Für Unternehmen sind Schäden als Betriebsausgabe abzugsfähig.

Autos stehen bis zur Motorhaube unter Wasser vor einer Hecke
Wurde ein Fahrzeug vom Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen, darf es nicht mehr gestartet werden.
APA/BFK OBERWART

Mangelnde Vorbereitung in Österreich

Zwar nehmen Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse zu, doch eine entsprechende Vorbereitung laufe in Österreich immer noch eher schleppend, kritisierte unlängst der Versicherungsverband Österreich (VVO). Die Risiken würden noch immer stark unterschätzt, gefährdet seien nicht nur einzelne Regionen weit weg vom eigenen Wohnort, sondern alle Bundesländer gleichermaßen. "Die jährliche Schadenshöhe beträgt mittlerweile fast eine Milliarde Euro pro Jahr", sagte VVO-Generalsekretär Christian Eltner. Nachdem die Auswirkungen der Klimakrise immer deutlicher würden, erwarte der VVO auch für 2024 Rekordsummen bei den Schäden, die sich seit dem Jahrhunderthochwasser im Jahr 2002 verdreifacht hätten.

Doch auch in der Versicherungsbranche selbst herrscht eine gewisse Unsicherheit, denn Prognosen werden immer schwieriger. "Gewitter-Superzellen waren früher leichter zu lokalisieren. Solche Zellen entstehen mittlerweile in kürzester Zeit und verursachen schwere Schäden", sagt Mario Winkler von der Hagelversicherung. Am Sonntagabend hatte sich in der Steiermark eine solche Zelle aufgebaut, entlud sich aber größtenteils über dem Bergland und erreichte die schwer getroffene Region rund um Hartberg nur abgeschwächt. Von Entspannung ist aber noch keine Rede. (Andreas Danzer, 10.6.2024)