Die sintflutartigen Regenfälle, die in den vergangenen Tagen eine Spur der Verwüstung durch Österreich zogen, dienen Österreichs Grundwasser wenig. Das Gros der Fluten fließt über Flüsse und Kanalisation außer Landes. Beständiger Nieselregen füllt die Speicher weit mehr. Durch die Überschwemmungen nicht gefährdet ist Experten zufolge die Qualität des Trinkwassers. Nahezu alle Brunnen sind gegen Hochwasser abgesichert.

Österreichs Trinkwasser speist sich fast ausschließlich aus Grund- und Quellwasser.
ÖVGW

Stand Österreich im Vorjahr im Banne der Dürre, geht dieses Frühjahr Land vielerorts unter. Trotz aller Wetterkapriolen infolge des Klimawandels sieht VP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig die Wasserversorgung langfristig gesichert. Die Grundwasserstände haben sich von ihren Tiefständen 2023 erhöht. Der Neusiedler See ist nur noch wenige Zentimeter von seinem langjährigen Mittel entfernt.

130 Liter Wasser verbraucht ein Österreicher im Schnitt am Tag. In Ländern wie Italien werden pro Kopf 250 Liter aufgewendet, was vor allem Verlusten durch veraltete, undichte Rohre geschuldet ist. Österreich büßt dadurch weniger als zehn Prozent ein. Seit der Jahrtausendwende gingen hierzulande mehr als 10.000 Kilometer neue Leitungen in Betrieb. Der Bund nimmt für die Siedlungswasserwirtschaft in den kommenden fünf Jahren 625 Millionen Euro in die Hand.

Extreme Jahre

70 Prozent des Wassers benötigen Industrie und Gewerbe. 24 Prozent des Bedarfs verbrauchen Haushalte. Vier Prozent fließen in die Landwirtschaft. Nicht unerhebliche Mengen beanspruchen zudem Skigebiete und Golfplätze.

Wolfgang Nöstlinger, Präsident der Vereinigung des Gas- und Wasserfaches, macht keinen Hehl daraus, dass die starke Trockenheit 2023 einzelne Versorger an ihre Grenzen brachte, vor allem in Ostösterreich. Die Branche habe aber bewiesen, auch extreme Jahre bewältigen zu können. Anlass, den Wasserverbrauch aktiv zu drosseln, ortet er nicht. Österreich werde das Wasser trotz der wachsenden Bevölkerung und des fortschreitenden Klimawandels nicht ausgehen.

An Einsparungspotenzialen fehle es Haushalten nicht, meint Nöstlinger mit Blick auf automatische Beregnungsanlagen, halbleere Waschmaschinen und Geschirrspüler. Österreich sei jedoch weit davon entfernt, Wasser rationieren oder aufbereiten zu müssen. Für ausreichend Trinkwasser sei, zumindest in den ersten Tagen, auch im Falle eines Blackouts gesorgt. Wasser fließt in Österreich überwiegend in natürlichem Gefälle. Unterm Strich würden dafür nur 0,16 Prozent des gesamten Strombedarfs eingesetzt.

Weniger entspannt fällt die Bilanz der Umweltorganisationen aus. Der WWF fordert eine Bodenschutz-Offensive: Intakter Boden sauge Wasser wie ein Schwamm auf. Mittlerweile sei in Österreich aber umgerechnet die Fläche von Vorarlberg und Wien unter Beton und Asphalt begraben. Nur noch 14 Prozent der Flüsse seien ökologisch intakt.

Greenpeace drängt auf ein digitales Melderegister für Wasserentnahmen durch Industrie und Landwirtschaft. Der künftige Wasserverbrauch gehöre in kritischen Regionen um bis zu zehn Prozent gedrosselt. Es brauche Förderprogramme gegen Verschwendung und eine Bepreisung der Entnahme durch Industriebetriebe.

Zwei Euro für 1000 Liter

Österreichs Trinkwasser speist sich fast ausschließlich aus Grund- und Quellwasser. 93 Prozent der Bevölkerung sind an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen. Der Rest bedient sich eigener Hausbrunnen und Quellen.

Wasser darf hierzulande kostenlos entnommen werden, was rund um große gewerbliche Abfüller wie Rauch und Red Bull in Vorarlberg regelmäßig zu hitzigen Debatten führt. Für die Instandhaltung der Infrastruktur sind derzeit pro 1000 Liter rund zwei Euro zu begleichen.

Totschnig schließt eine Privatisierung von Wasserressourcen weiterhin strikt aus. Wer Wasser über den Gemeingebrauch hinaus nutze, brauche behördliche Bewilligungen.

Österreich wird bis zum Jahr 2050 mit bis zu 23 Prozent weniger Grundwasser das Auslangen finden müssen, erhob eine Studie des Umweltbundesamts 2021. Zugleich werde der jährliche Bedarf bis dahin um zwischen elf und 15 Prozent steigen. Einzelne Gemeinden könnten aufgrund der Bevölkerungszunahme und klimatischer Veränderungen um 50 Prozent mehr Wasser brauchen als bisher. Regionale Nutzungskonflikte vor allem im Nordosten Österreichs sind programmiert. (Verena Kainrath, 11.6.2024)