430.000 Haushalte mehr als im Vorjahr die GIS zahlen seit Jahresbeginn den ORF-Beitrag: Das berichtete die ORF-Führung laut Sitzungsteilnehmern am Montag im Finanzausschuss des ORF-Stiftungsrats. Sie hätten sich von sich aus gemeldet, hieß es im Ausschuss, und rund 80 Prozent hätten sich gleich für Lastschrift-Abbuchungen entschieden. Der ORF rechnet zugleich damit, dass 70.000 bis 80.000 neue Zahlungspflichtige den Rechtsweg mit Beschwerden gegen den Beitrag einschlagen.

Post von der ORF-Beitragstochter OBS.
Harald Fidler

170.000 Haushalte vermisst

Den ORF-Stiftungsrat beschäftigen derzeit vor allem rund 170.000 Beitragshaushalte, die der ORF seit Jahresbeginn nicht finden konnte, die das Finanzministerium aber bei seinen Berechnungen über den ORF-Beitrag für das 2023 beschlossene ORF-Gesetz einkalkuliert hatte. Fast 33 Millionen Euro Beitragseinnahmen pro Jahr fehlen damit dem ORF, die er mit Einsparungen und aus Rückstellungen ausgleichen muss.

DER STANDARD berichtete bereits Ende Mai von damals laut internem Quartalsbericht 180.000 vorerst nicht auffindbaren Haushalten aus der Kalkulation des Finanzministeriums; inzwischen sind es nach Angaben im Finanzausschuss noch 170.000 fehlende Haushalte. Nach ihnen fahndet schon seit Jahresbeginn eine "Sonderkommission", wie ORF-General Roland Weißmann vorige Woche etwa schon im Publikumsrat formulierte: "Management ist dafür da, Probleme zu lösen." Im Finanzausschuss stellte Weißmann zudem laut Sitzungsteilnehmern klar, dass die für die Beitragslücke eingesetzten GIS-Mittel aus den Jahren 2022 und 2023 stammten (als Weißmanns Direktorium schon im Amt war).

"Sie werden zahlen müssen"

Von den 430.000 neuen Zahlern haben sich laut Angaben im Finanzausschuss rund 80 Prozent für die Abbuchung per Sepa-Lastschrift entschieden. Das ORF-Gesetz motiviert recht nachdrücklich dazu: Neue Zahler müssen gleich im Jänner für das komplette Jahr Beitrag zahlen, immerhin rund 184 Euro, wenn sie nicht der Sepa-Abbuchung zustimmen. Auf bisherige GIS-Zahler kommt diese Bedingung – Sepa oder gleich im Jänner kompletter Jahresbeitrag – 2026 zu.

Nach ORF-Daten müssten seit Jahresbeginn aber rund 600.000 Zahlerinnen und Zahler zusätzlich Beitrag entrichten. 430.000 hätten sich "freiwillig" gemeldet und zahlten bereits. Fehlen also auch hier rund 170.000, bei denen die OBS noch nachfragt und Zahlungsaufforderungen schickt. ORF-intern rechnet man damit, dass rund die Hälfte von ihnen rechtlich gegen den Beitrag vorgehen wird. "Sie werden zahlen müssen", soll sich die ORF-Führung zuversichtlich gezeigt haben.

ORF-Beitrag rechtens, sagt Medienbehörde

Im ORF geht man davon aus, dass der ORF-Beitrag rechts- und verfassungkonform ist. Im Gegensatz zum von der FPÖ in den Stiftungsrat entsandten Peter Westenthaler, der eine ganze Fragenbatterie für diese Sitzungswoche an die ORF-Führung in Stellung gebracht hat. Die Medienbehörde Komm Austria habe dem ORF bereits attestiert, dass die Übergangsregelung des ORF-Gesetzes für 2024 bis 2026 über maximal 15,30 Euro ORF-Beitrag pro Monat und maximal 710 Millionen Euro pro Jahr Einnahmen aus dem Beitrag keinen weiteren Beschluss des ORF-Stiftungsrats darüber erfordere.

Der Verfassungsgerichtshof beschäftigt sich in seiner aktuellen Sitzung ebenfalls mit dem ORF-Beitrag. Ihm liegen einige Hundert Beschwerden vor. Das Höchstgericht selbst hat 2022 eine ORF-Finanzierung ohne Ausnahmen etwa für Streamingnutzung gefordert und deshalb die alte GIS als verfassungswidrig aufgehoben.

Unternehmensbeiträge im Plan

Im Plan ist nach Angaben im Finanzausschuss unterdessen die neue Einhebung von ORF-Beiträgen von Unternehmen, die bis zu 100 Beiträge pro Monat je nach Unternehmensgröße zahlen müssen. Berechnet werden ihre Beiträge nach dem Personalstand in den Orten mit Betriebsstätten. Kalkuliert wurde demnach mit 344.000 Unternehmensbeiträgen, die seit April/Mai anhand der Kommunalsteuerleistungen vorgeschrieben wurden. Wenige Hundert Betriebe fehlten auf diesen Wert, hieß es ORF-intern.

Dreijahresplanung

Für die drei Jahre mit vom Gesetz vorgegebenem Beitrag, so das Gesetz nicht früher geändert wird, legt der ORF dem Stiftungsrat eine neue Dreijahresplanung vor, in der Rückstellungen vom GIS-Sperrkonto, Programmbudgetreserven und andere Sparmaßnahmen trotz der Beitragslücke für ausgeglichene Abschlüsse 2024 bis 2026 sorgen sollen. (Harald Fidler, 10.6.2024)