Hardware von Nvidia ermöglicht die Medizinforschung eines Grazer Unternehmens.
REUTERS/Ann Wang

Neun von zehn neu entwickelten Medikamenten, die bereits in klinischen Studien erprobt werden, reüssieren nicht – häufig aufgrund unvertretbarer Nebenwirkungen. Das ist bitter für Patientinnen und Patienten – und die Pharmaindustrie. Das Grazer Bioinformatikunternehmen Innophore und der Technologiekonzern Nvidia haben aus diesem Grund eine KI zur frühzeitigen Erkennung von Arzneimittelnebenwirkungen entwickelt, teilte das High-Tech-Spin-off der Uni Graz am Dienstag mit.

Proteine spielen eine entscheidende Rolle für Gesundheit und Krankheit. Das Wissen über ihre Struktur auf molekularer Ebene ebnet aber neue Wege für die Arzneimittelentwicklung. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz soll es nun leichter werden, die Proteinstrukturen im Detail zu untersuchen, potenzielle Wirkstoffziele präziser zu identifizieren und Proteinfunktionen und -interaktionen vorherzusagen.

Das Grazer Tech-Bio-Unternehmen hat dazu gemeinsam mit dem Chipkonzern Nvidia einen Datensatz vorgelegt, der 3D-Modelle von mehr als 40.000 menschlicher Proteinstrukturen umfasst. Sie wurden wiederum mit drei KI-gestützten Strukturvorhersage-Tools erstellt.

Umfassendster Strukturdatensatz des Organismus

"Dieser Datensatz ist der umfassendste derzeit weltweit verfügbare Strukturdatensatz über den menschlichen Organismus. Er wird Anwendungen wie strukturbasiertes Wirkstoffdesign und die Vorhersage von Proteinfunktionen und -interaktionen erheblich erleichtern", zeigte sich Christian C. Gruber, CEO von Innophore und Wissenschafter an der Uni Graz, überzeugt. Forscher können ihn verwenden, um KI-Modelle für verschiedene Aufgaben im Zusammenhang mit der Struktur und Funktion von Proteinen zu trainieren, was wiederum für das Design neuartiger Proteine hilfreich wäre. "Die Zusammenarbeit hat zu mehr als einer halben Million charakterisierter potenzieller Bindungsstellen für Medikamenten geführt", wie David Ruau von Nvidia hervorhob.

Das KI-Werkzeug wurde bereits in eine von Innophore entwickelte automatisierte Pipeline für die Arzneimittelforschung integriert. Sie ermöglicht z. B. das Screening von Nebenwirkungen von Pharmazeutika. Das Tool werde aber auch bereits von einem Pharmakonzern in den USA zur Arzneimittelentwicklung eingesetzt.

Innophore mit Sitz in Graz und San Francisco (Kalifornien) wurde 2017 als Spin-off des Acib und der Universität Graz gegründet und spezialisiert sich auf die Bereiche digitale Wirkstoffforschung und Enzymsuche unter Verwendung von 3D-Punktwolken, KI und Deep Learning. (APA, 11.6.2024)