Was ist ein "Bot"? Im technischen Sinne versteht man darunter üblicherweise eine automatisierte Entität. Bezogen auf soziale Netzwerke also Konten, deren Botschaften nicht einzeln manuell verfasst, sondern automatisch versandt oder gar erzeugt werden.

Doch die Bedeutung des Begriffs im Netzjargon hat sich offenbar gewandelt, berichten Forscher des Leibnitz-Instituts für Sozialwissenschaften in Mannheim. Sie haben ausgewertet, wie die Bezeichnung "Bot" von 2007 bis Dezember 2022 auf X, das damals noch Twitter hieß, verwendet wurde. Analysiert wurden dabei die Wörter, die jeweils neben dem Begriff standen. Insgesamt wertete man über 22 Millionen Tweets in englischer Sprache aus, fasst New Scientist zusammen.

Ursprünglich meinten X-Nutzer mit "Bots" automatisierte Accounts, mittlerweile ist der Begriff zu einer Beleidigung geworden.
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Das Ergebnis ist spannend. Vor 2017 wurde "Bot" fast immer im eigentlichen technischen Sinne verwendet. Nutzer brachten damit also vor allem Anschuldigungen auf, dass ein Konto automatisiert betrieben wird. Danach begann sich die Verwendung allerdings zu wandeln. "Mittlerweile (...) ist es mehr wie ein Schimpfwort, das andere Leute entmenschlicht, sie beleidigt und eine Technik ist, um ihnen das Recht zu verweigern, an einer Diskussion teilzuhaben", sagt Dennis Assenmacher, einer der drei Autoren des zugehörigen Papers.

Womöglich politisch bedingter Wandel

Warum sich die Bedeutung geändert hat, ist unklar. Assenmacher vermutet aber politische Hintergründe. Man versuchte, die Nutzer nach dem Links-rechts-Schema zu kategorisieren. Die Einteilung erfolgte anhand reichweitenstarker Accounts, denen sie folgen – darunter auch verschiedene Politiker und Journalisten. Was sich zeigte, ist, dass die "Bot"-Anschuldigung mit höherer Wahrscheinlichkeit von nach links tendierenden Nutzern erhoben wurde, während sich User mit rechter Tendenz häufiger auf der Seite der Beschuldigten fanden.

Eine mögliche Erklärung dafür könnten laut Assenmacher Medienberichte über rechte Bot-Netzwerke sein, die versuchten, auf die US-Wahl 2016 und andere Ereignisse Einfluss zu nehmen. Man sei dieser Annahme aber nicht nachgegangen, daher sei sie mangels Bestätigung als reine Spekulation anzusehen. Das Paper wurde im Rahmen der 18. AAAI Conference on Web and Social Media publiziert. (red, 12.6.2024)