Es gleicht einer Pattsituation: Unternehmen versuchen, die Angestellten zu mehr Anwesenheit im Büro zu verpflichten, die Mitarbeitenden hingegen genießen es, mehrere Tage die Woche von zu Hause aus zu arbeiten. Die Frage ist nun: Was sind beiden Seiten bereit, anzubieten oder hinzunehmen, um ihre Wünsche erfüllt zu wissen? Umfragen geben einen Hinweis darauf, was die Mitarbeitenden wieder ins Büro locken würde und zu welchen Einbußen sie bereit wären, um weiterhin mehr von der Couch als vom Bürosessel aus zu arbeiten.

Frau sitzt mit Laptop auf dem Schoss auf der Couch.
Laut einer neuen Umfrage wären für 69 Prozent der Beschäftigten frei wählbare, flexible Arbeitszeiten ein Grund, wieder öfter ins Büro zu kommen.
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38 Prozent der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden eine Gehaltskürzung in Kauf nehmen, um im Homeoffice arbeiten zu können. Das ergab eine Umfrage der Software-Bewertungsplattform Capterra, an der 2716 Beschäftigte aus den USA, Kanada, Brasilien, Mexiko, Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien, Australien und Japan teilgenommen haben. Aus Deutschland wurden 246 Angestellte befragt.

Ist das ein realistisches Szenario, das auch in Österreich in der Arbeitswelt Einzug halten könnte? "So etwas ist mir hierzulande noch nicht untergekommen. In der Realität verzichtet kaum jemand auf Geld", sagt Charlotte Eblinger-Mitterlechner von der Personalberatung Eblinger & Partner. Sie könne sich aber vorstellen, dass die Befragten damit zum Ausdruck bringen wollen, wie wichtig ihnen die Möglichkeit von Homeoffice ist und wie sehr sie die Flexibilität schätzen.

Teuerung macht Homeoffice noch attraktiver

Laut der Umfrage wollen 45 Prozent am liebsten immer remote arbeiten, ebenso viele bevorzugen ein hybrides Modell aus Homeoffice und Büro – lediglich zehn Prozent sprechen sich durchgehend für die Arbeit vor Ort aus. Eine klare Tendenz hin zu hybriden Arbeitsformen und dem Wunsch nach mehr Homeoffice zeigen auch zahlreiche weitere Umfragen.

Nicht nur die wohl bekannten Gründen wie bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und weniger Pendelzeit sprechen für vermehrtes Arbeiten in den eigenen vier Wänden. Aufgrund der Preissteigerungen in den letzten Jahren ist es in mancher Hinsicht auch billiger, zu Hause zu bleiben: weniger Fahrtkosten oder Spritverbrauch, falls man mit dem Auto in die Arbeit fahren muss. Sechs von zehn Teilnehmenden der Capterra-Umfrage gaben sogar an, bei zu hohen Kosten für die Anfahrt den Job wechseln zu wollen. Auch wenn dies wahrscheinlich nur hypothetische Antworten sind, zeigt es doch, welche Maßnahmen Menschen in Überlegung ziehen, um Geld zu sparen.

Allerdings wollen Firmen ihre Angestellten vermehrt wieder ins Büro zurückholen – selbst große Tech-Konzerne wie Zoom, Amazon und Google verpflichten ihre Mitarbeitenden wieder zu mehr Anwesenheit vor Ort. Die Capterra-Umfrage zeigt allerdings auch: Wenn die Firma bestimmte Vorteile bieten würde, zum Beispiel vergünstigtes Mittagessen, kostenloses Parken, oder die Fahrtkosten übernähme, wäre die Bereitschaft höher, wieder regelmäßiger ins Büro zu gehen.

Rückholstrategien und Gesetzesänderungen

Für über zwei Drittel der Befragten wären frei wählbare, flexible Arbeitszeiten ein Grund, lieber und öfter ins Büro zu kommen. Wie und ob dieser Wunsch auch gesetzlich berücksichtigt wird, entscheidet sich hierzulande in den kommenden Wochen. Dann wird das neue Telearbeitsgesetz verabschiedet. Dieses löst das Homeoffice-Maßnahmenpaket ab, das mit der Corona-Pandemie eingeführt wurde.

"Mit der anstehenden Weiterentwicklung der bestehenden Homeoffice-Regelungen zu einem Telearbeitsgesetz können bestehende Bestimmungen ausgebaut und weiterentwickelt werden, mit dem Ziel, Arbeiten von überall aus zu ermöglichen“, sagt Arbeitsminister Martin Kocher bei einer Pressekonferenz Anfang Juni. Im neuen Gesetz wird Telearbeit genauer definiert. Eine Vereinbarung muss aber weiterhin immer schriftlich festgehalten und kann nicht einseitig durchgesetzt werden. Wie das Gesetz dann schlussendlich in der Praxis umgesetzt wird, wird sich zeigen.

Wie können Firmen vorgehen, die ihre Angestellten gern öfter im Büro sehen wollen? Laut der Personalberaterin Charlotte Eblinger-Mitterlechner kann es helfen, gemeinsam abgestimmte Tage für Team-Meetings vor Ort einzuführen oder gemeinsame Mittagessen oder Kaffeeklatsch im Büro auszumachen. So könne man das Gefühl der Verbundenheit stärken, statt auf Bürozwang zu setzen. (nick, 13.6.2024)