Emmanuel Macron bei Pressekonferenz
Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch kündigte der französische Präsident Emmanuel Macron das Aussetzen der Wahlrechtsreform an.
REUTERS/Stephane Mahe

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die geplante Wahlrechtsreform im pazifischen Überseegebiet Neukaledonien zumindest vorerst auf Eis gelegt. Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch sprach er von einem "Aussetzen", ob die umstrittene Reform zu einem späteren Zeitpunkt erneut diskutiert wird, ließ Macron offen.

Bei knapp zweiwöchigen gewaltsamen Protesten gegen die Reform waren im Mai sieben Menschen getötet worden. Frankreich entsandte hunderte Sicherheitskräfte in das knapp 17.000 Kilometer entfernte Überseegebiet, auch Macron selbst reiste nach Neukaledonien, um Unabhängigkeitsbefürworter und -gegner wieder an einen Tisch zu bekommen. Ende Mai wurde der Ausnahmezustand wieder aufgehoben, es gilt aber weiterhin eine nächtliche Ausgangssperre.

Die geplante Wahlrechtsreform, die die Unruhen ausgelöst hatte, hätte die Verleihung des Wahlrechts auch an Festlandfranzosen vorgesehen, die seit mehr als zehn Jahren in Neukaledonien leben, was ihnen wohl eine knappe Mehrheit gegenüber der indigenen Bevölkerung, den Kanak, verschafft hätte.

Erbe des Kolonialismus

Die französischen Nationalversammlung und der Senat hatten der Reform schon zugestimmt. Da es sich aber um eine Verfassungsänderung handelt, hätte eine gemeinsame Versammlung aus beiden Parlamentskammern den Plan mit einer Dreifünftelmehrheit noch billigen müssen. Die Nationalversammlung wurde jedoch von Macron nach seiner Niederlage bei der EU-Wahl aufgelöst, Neuwahlen finden am 30. Juni statt.

Die Aufstände mit Straßenbarrikaden und hunderten brennenden Autos haben die Welt daran erinnert, dass der Kolonialismus auch im Jahr 2024 noch nicht gänzlich aus der Welt geschafft ist. "Diese Überseegebiete sind ein Erbe des Kolonialismus und führen ihn gleichzeitig fort", sagte der deutsche Historiker und Kolonialismusexperte Jürgen Zimmerer zum STANDARD. (red, 13.6.2024)