Auch Marko Arnautovic hat sich im öffentlichen Training vorgestellt.
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Berlin – "Manne", der Manfred heißt, aber darauf besteht, "Manne" genannt zu werden („Alle Freunde nennen mich seit meiner Geburt Manne“), erinnert ein wenig an das EM-Maskottchen Albärt. Sein Bauch ist eine Weltkugel, der Plüschbär ist auch ziemlich blad, das könnte vom vielen Honig kommen. Bei "Manne" dürfte es eher Schweinefleisch mit Tunke sein, er ist halt ein Genießer. Und Platzsprecher der U23 von Hertha BSC.

Er kennt das Stadion "Auf dem Wurfplatz" wie kein Zweiter, wobei Stadion übertrieben ist, es ist ein Fußballplatz mit ein paar Tribünen drumherum, die dem Einsturz harren. Aber der Kabinentrakt und das Klubhaus sind renoviert und völlig okay, Warmwasser fließt, falls gewünscht, in Strömen. Der Wurfplatz im Berliner Olympiapark ist fortan die Trainingsstätte der österreichischen Nationalmannschaft, der Rasen ist perfekt, ein grüner Teppich. Und man schaut rüber ins völlig aus der Mode gekommene Olympiastadion, in dem Österreich am 21. Juni gegen die Polen und am 25. Juni gegen die Niederlande kickt. Dort steigt übrigens auch das Finale am 14. Juli.

"Manne" hat das öffentliche Training am Mittwochabend moderiert. Eine richtige Berliner Schnauze, die keinen Scherz auslässt, wobei das Mikrofon Aussetzer hatte, aber auch die Wortfetzen waren extrem lustig. "Die Österreicher essen noch Kaiserschmarrn" hat er gesagt, "die im roten Leiberl sind die Oberösterreicher, die im gelben die Unterösterreicher". Worauf sich die 3000 Zuschauer gegenseitig auf die Schenkel geklopft haben. Die Namen der 26 Spieler hat er relativ unfallfrei vorgelesen, nur Michael Gregoritsch und Phillipp Mwene hießen ganz anders. "Herzlich willkommen Austria." Es gab bei der einstündigen Showeinheit einen dramatischen Vorfall, der kleine Luis hatte seine Monatskarte der Berliner U-Bahn verloren, der Finder brachte sie zu "Manne". Trotz mehrmaliger Aufforderung wurde sie nicht abgeholt, sie ist bei "Manne" geblieben, er ist fortan auch der Luis.

Zum Leidwesen von Teamchef Ralf Rangnick hielt die Berliner Staatssekretärin Franziska Becker eine ausufernde Begrüßungsrede, das war im Protokoll nicht vorgesehen. Österreichs Botschafter Michael Linhart sprach wie ausgemacht kurz. "Ihr seid die besten Botschafter", sagte er zur Mannschaft und überreichte David Alaba, der dem Betreuerstab angehört, einen Berliner Bären in Rot-Weiß-Rot. Da kam bei Alaba, der die meisten Autogramme schrieb, Freude auf. Österreich ist angekommen. Max Wöber hat das berühmte EM-Fieber gepackt. "Ich war bei der Ankunft aufgewühlt, fühlte mich wie ein kleines Kind vor dem ersten Urlaub."

Non-playing-Captain klatscht mit den Fans ab.
IMAGO/Matthias Koch

Wobei die EM für erwachsene Profifußballer das Gegenteil eines Urlaubs ist. Das leicht kitschige und überladene Schlosshotel Berlin-Grunewald passt, die Anfahrtswege sind kurz, in den Gängen hängen Bilder von der EM-Qualifikation, die Einzelzimmer sind personalisiert, da sieht man sich an der Wand selbst hängen. Die Ausrüstung wiegt mehr als zwei Tonnen, sie umfasst unter anderem 400 Paar Schuhe, 300 Trainingsanzüge, 500 Leiberln, 70 Winterjacken. Die Zeugwarte Walter Lachnit (58) und Jovo Marjanovic (57) sind die stillen Helden.

Am Donnerstag begann der Ernst. Zu Mittag wurde ausgiebig trainiert, es war eine geschlossene Veranstaltung, auch "Manne" war ausgesperrt, nur das Aufwärmen durfte gefilmt werden. Zum Beispiel von einem spanischen TV-Sender. Der Fokus ist auf die Franzosen gerichtet, sie sind am 17. Juni in Düsseldorf der erste Gegner. Gearbeitet wurde im taktischen Bereich. Am Abend hielt Ralph Krueger einen Motivationsvortrag, wobei die Spieler ohnedies bis in die Haarspitzen und darüber hinaus motiviert sind.

Enorme Qualität

Der ÖFB hat in Berlin ein Medienzentrum eingerichtet, es liegt im Messezentrum in der Masurenallee, hört auf den Namen "Marshall-Haus". Um 14 Uhr sind Philipp Lienhart und Phillipp Mwene erschienen, ORF Sport Plus übertrug live, die Matches der Österreicher zeigt allerdings Servus TV. Schwächer kann ein Trost kaum sein.

Mwene lechzt dem Frankreich-Spiel entgegen, die Zeit der Eingewöhnung ist Geschichte, wobei es "im Hotel auch mit der Ehefrau romantisch wäre. Wir wollen uns mit den Besten der Welt messen." Es wurden bereits Videos studiert. Innenverteidiger Lienhart, der sich nach monatelanger Verletzungspause "vollfit" fühlt, legte Wert darauf, "dass Frankreich nicht nur aus Kylian Mbappé besteht. Die haben alle enorme Qualität. Wir müssen höllisch aufpassen, werden uns aber nicht verstecken." Mwene, der als Linksverteidiger gesetzt sein dürfte, sah das ähnlich: "Notfalls werden wir zu elft die Räume eng machen und gut umschalten. Wir haben Selbstvertrauen, sind überzeugt, die schwierigste Gruppe zu überstehen."

Am Freitag wird erneut auf dem Wurfplatz trainiert, danach taucht Ralf Rangnick im Medienzentrum auf. Der Wurfplatz könnte also die Basis für den großen österreichischen Wurf sein. Den hat "Manne" aber nicht zum Besten gegeben. (Christian Hackl, 13.6.2024)