Auch Personen, die mit rassistischem "Ausländer raus"-Gegröle für Empörung sorgen, haben Persönlichkeitsrechte: Das deutsche Boulevardmedium Bild darf jenes Video, das die Szenen vor einer Bar auf Sylt dokumentiert, nicht mehr unverpixelt veröffentlichen und so Personen identifizierbar machen. Das entschied das Landgericht München.

Das Portal Legal Tribune Online (LTO) berichtet, dass eine junge Frau, die im Video zur Melodie des Partyhits L'amour toujours von Gigi D'Agostino die Worte "Ausländer raus" singt, eine umfassende einstweilige Verfügung gegen Bild erwirkt hat.

Nach der Veröffentlichung des Videos aus Sylt, hier protestiert eine Frau gegen Rechtsextremismus, kam es in einigen Bars zu ähnlichen Vorfällen - auch in Österreich.
Nach der Veröffentlichung des Videos aus Sylt – hier protestiert eine Frau gegen Rechtsextremismus – kam es in einigen Bars zu ähnlichen Vorfällen, auch in Österreich.
IMAGO/Markus Matzel

Der Verfügung zufolge verbietet das Landgericht München die Verbreitung des Bildes der Frau in dem Video sowie auch zahlreiche Screenshots, die die Bild-Zeitung als Titel oder sonst zur Bebilderung verwendet hatte, schreibt LTO über das Urteil. "Auch die Veröffentlichung eines weiteren Fotos, das die Antragstellerin auf der Tanzfläche mit einem Mann zeigt, wurde untersagt. Außerdem wurde der Bild verboten, den Vornamen der Frau zu nennen sowie eine Identifizierung von ihr mittelbar durch die Nennung des Namens ihres Freundes zu ermöglichen."

Prangerwirkung und Stigmatisierung

Patricia Cronemeyer, die Anwältin der Frau, erklärt den Erfolg vor Gericht mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte von Personen, die nicht im Interesse der Öffentlichkeit stünden. Die Stigmatisierung und Prangerwirkung hätte eine soziale Ausgrenzung zur Folge. Wie berichtet, trennte sich etwa eine Werbeagentur von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter, die oder der auf dem Video zu sehen war.

Das Urteil des Landgerichts München richtet sich aber vorerst nur gegen Bild. Gegen Medien wie den WDR oder Zeit Online, die in ähnlicher Manier über den Vorfall berichtet hatten, ist die Frau nicht gerichtlich vorgegangen. Das Video zirkulierte in sozialen Medien, nachdem es zuvor in einer Whatsapp-Gruppe herumgeschickt worden war.

Laut Bild-Chefredakteurin Marion Horn erwägt das Medium, Berufung gegen diese Entscheidung einzugehen. Sie schrieb auf der Plattform Linkedin: "Man darf in Deutschland so einen Dreck singen und filmen und verteilen. Man muss keine Angst mehr haben, damit in den Medien zu landen. Herrn Höcke und seine AfD wird das sehr freuen." (red, 14.6.2024)