Didier Deschamps geht mit Frankreich auf den EM-Titel los.
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Didier Deschamps ist eine lebende Legende. Der Mann war 1998 als Spieler und 2018 als Trainer Fußballweltmeister. Zuvor war dieses Double nur dem Brasilianer Mario Zagallo und Kaiser Franz Beckenbauer gelungen. Europameister als Spieler war der einstige Mittelfeldmotor ebenso, nebenbei hat er die Champions League mit Juventus Turin und Olympique Marseille gewonnen. Was dem Franzosen noch in der persönlichen Erfolgsliste fehlt? Der EM-Titel als Trainer. Und die erste Hürde auf dem Weg zur Coupe Henri Delaunay heißt am Montag Österreich.

Didier Deschamps wurde in Bayonne im französischen Teil des Baskenlands geboren. Mutter Ginette verkauft Wolle, Vater Pierre ist als Baumaler tätig. Der kleine Didier gilt als fleißiger Schüler, der in seiner Freizeit mit Freunden zwar gerne den Ball tritt, zunächst aber keinem Verein beitreten möchte. Lieber geht der Knirps mit seinem Vater und seinem älteren Bruder Philippe zum Fischen oder auf die Jagd. Fußballer, nein, das sei kein echter Beruf. In der Schule entwickelt sich Deschamps zu einem sportlichen Multitalent: Er läuft, er schwimmt, er spielt Rugby – und landet schließlich doch beim Fußball.

Schicksalsschlag

Beim FC Nantes steigt Deschamps 1985 zu den Profis auf. Kurz darauf passiert das Unvorstellbare: Philippe stirbt im Anflug auf Bordeaux bei einem Flugzeugabsturz einer Air-France-Maschine. Der Verlust seines Bruders, so sagt Deschamps später, habe ihn für sein Leben gezeichnet: "Es ist so ungerecht, aber man lebt damit. Man muss es einfach. Die Jahre sind vergangen, die Zeit tut ihre Arbeit, aber man kann nicht vergessen." Deschamps ist seit 35 Jahren verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn, der in der Finanzbranche tätig ist.

Der Spieler Deschamps war ein selbstloses Arbeitsviech. Sie nannten ihn Wasserträger. Im defensiven Mittelfeld hielt er Stürmern den Rücken frei und erledigte die Drecksarbeit. Ballverlust? Keine Sorge, Deschamps holt die Kugel zurück. Egal ob bei Marseille, Juventus, Chelsea oder Valencia. Als Trainer verlangt der 55-Jährige von seinen Spielern dieselbe Opferbereitschaft, denn "im Fußball braucht es neben Architekten auch Maurer".

Gegen Österreich kann der Teamchef Deschamps seinen 100. Sieg einfahren. Er hat die besten Architekten und Maurer zur Verfügung. Mit Prognosen hält er sich trotzdem zurück: "Nur ein Team kann gewinnen. Und das andere wird schlecht schlafen." (Philip Bauer, 17.6.2024)