Olaf Scholz mit geschlossenen Augen
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz muss in den nächsten Wochen den Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 zustande bringen.
EPA/FILIP SINGER

In der Vorwoche hatte Olaf Scholz einen schönen Moment. Am Freitag wurde der deutsche Bundeskanzler 66 Jahre alt, und die Staats- und Regierungschefs der anderen G7-Staaten sangen im italienischen Bari "Happy Birthday" für ihn.

Happy Birthday, Olaf

Zu Hause in Berlin singt niemand für ihn, dort herrscht nach der Wahlschlappe der SPD bei der EU-Wahl (nur 13,9 Prozent der Stimmen) trübe Stimmung. Immerhin sprang Scholz am Wochenende der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bei und betonte: "Nach meinem Eindruck ist Olaf Scholz unangefochten die Nummer eins der SPD."

Zwar wabert wieder das Gerücht vom Kanzlertausch durch Berlin. Diesem zufolge soll der wesentlich beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Scholz ablösen. Aber das sind nur theoretische Planspiele, die verzweifelte Genossinnen und Genossen anstellen. Pistorius selbst hat auch abgewunken.

Und dennoch: Es rumort in der SPD. Die schlechte Performance der Ampelregierung, der Streit mit Grünen und FDP um den Haushalt und die EU-Wahl führen auch zu Kritik an Scholz.

"Nö" als Kanzler-Antwort

In der jüngsten Sitzung der Bundestagsfraktion ging es zur Sache, wie mehrere deutsche Medien berichten. So habe sich der frühere Berliner Bürgermeister Michael Müller, der nun im Bundestag für Außenpolitik zuständig ist, über Scholz' Antwort auf eine Journalistenfrage am EU-Wahlabend echauffiert. Ob er den Wahlausgang kommentieren wolle, war Scholz gefragt worden. Dessen Antwort: "Nö."

Im Spiegel äußerten sich noch mehr Freunde und Freundinnen: So erklärt Sarah Philipp, die Landeschefin der SPD in Nordrhein-Westfalen: "Gerade bei den wahlentscheidenden Themen der Asyl- und Migrationspolitik sowie der inneren Sicherheit war das Profil der SPD in den letzten Jahren nicht immer klar." Der Oberbürgermeister von Duisburg, Sören Link (SPD), sagt: "Von Olaf Scholz erwarte ich die versprochene Führung und eine intensivere, bessere Kommunikation."

Dass bessere Kommunikation nicht die schlechteste Idee wäre, ließ auch der rote Fraktionschef Rolf Mützenich in der Rheinischen Post erkennen. Er kündigte an: "Der Bundeskanzler wird in Zukunft die Chance ergreifen, deutlicher seine Haltung innerhalb der Koalition als sozialdemokratischer Regierungschef zu erläutern."

Frust im Osten

Besonders tief sitzt der Frust im Osten, wo die AfD bei der EU-Wahl die Nummer eins wurde. "Warum stellen wir, verdammt noch mal, nicht endlich ostdeutsche Themen in den Mittelpunkt?", fragt SPD-Landeschef Georg Maier und klagt gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Seit geraumer Zeit appelliere ich eindringlich an Parteivorstand und Kanzleramt, endlich aktiv zu werden. Doch bisher ohne Erfolg. Ich verstehe nicht, warum die SPD die Gerechtigkeitsfrage nicht auf die politische Agenda setzt. Das ist doch unsere DNA."

Am Sonntagabend hielt die SPD-Spitze gemeinsam mit Scholz eine Krisensitzung ab. Es ging auch um die Arbeit von Generalsekretär Kevin Kühnert. Der lästert immer wieder über die Ampel, erklärte unlängst sogar, das schlechte EU-Wahl-Ergebnis sei auf eine "Kontaktschande" zurückzuführen. Sollte heißen: Die Ablehnung von Grünen und FDP bei den Wählerinnen und Wählern färbe auf die SPD ab. Außerdem kam die EU-Wahl-Kampagne, für die Kühnert verantwortlich war, nicht bei allen gut an.

Kaum hatte Scholz die Krisensitzung bei der SPD absolviert, da eilte er schon zur nächsten: einem Treffen mit Robert Habeck, dem grünen Wirtschaftsminister und Vizekanzler, sowie Finanzminister Christian Lindner (FDP) zum Haushalt 2025.

Druck kommt jetzt auch vom Forum Demokratische Linke (DL21), einer Gruppierung in der SPD. Dieses leitet nun ein "Mitgliederbegehren" für einen Bundeshaushalt 2025 ein, "der eine sozialdemokratische Handschrift trägt". Das bedeutet: Die Basis soll entscheiden, ob sie einen Haushalt mit Kürzungen im Sozialbereich hinnehmen will. Nein, fordert das DL21. Zunächst braucht die Initiative 4000 Unterstützerinnen und Unterstützer aus zehn SPD-Unterbezirken, die dürften schnell beisammen sein. (Birgit Baumann aus Berlin, 17.6.2024)