In Griechenland sind die hohen Temperaturen unter Umständen auch lebensgefährlich.
AP/Petros Giannakouris

Mit einem eigenartigen Phänomen ist Griechenland in den letzten Tagen konfrontiert: Allein im Juni galten bisher neun ausländische Gäste als vermisst. Bei vier von ihnen kam, als sie entdeckt wurden, jede Hilfe zu spät: bei einem Belgier auf Kreta, einem Niederländer auf Samos, einem Briten auf Symi und einem US-Amerikaner auf der Ionischen Insel Mathraki. Gemeinsamer Nenner scheint in den meisten Fällen die Missachtung der ungewöhnlich hohen Temperaturen gewesen zu sein.

Gerade der Tod des 67-jährigen bekannten britischen BBC-Journalisten Michael Mosley auf der Dodekanes-Insel Symi ging Mitte Juni durch die internationalen Medien. Offenbar hatte der Mann die extremen Wetterbedingungen – es herrschten über 40 Grad Celsius – ignoriert und hielt sich bei einer Wanderung für längere Zeit in der prallen Sonne auf – was möglicherweise mit ein Grund dafür war, dass er nach vier Tagen vergeblicher Suche ganz in der Nähe eines belebten Strandes nur mehr tot aufgefunden werden konnte. Das Video eines nahegelegenen Hotels, das in griechischen Medien wenig später zirkulierte, scheint zu zeigen, wie Mosley in der sengenden Hitze zusammenbricht.

Extreme Wetterbedingungen

Der Brite war aber nicht der einzige Fall eines Touristen, der als vermisst gemeldet werden musste. Zu diesen und ähnlichen Vorkommnissen konstatierte die Tageszeitung Parapolitika schon in der Vorwoche: "Wir befinden uns zwar erst in der ersten Junihälfte, aber während der ersten Hitzewelle dieses Sommers haben bereits drei Menschen ihr Leben verloren." Auf der Insel Samos beispielsweise hatten die Behörden die Suche nach einem 74-jährigen Niederländer nach fünf Tagen schon fast eingestellt, als eine Drohne der Feuerwehr den unglücklichen Touristen am Samstag (15. Mai) aufspürte und er nur noch tot geborgen werden konnte.

Der Mann war eine Woche zuvor vom Ort Limnona im Südwesten der Insel aus zu einer Wanderung aufgebrochen. Wie das Nachrichtenportal des staatlichen Senders ERT schreibt, herrschten auch hier "extreme Wetterbedingungen". Die Leiche eines 55-jährigen Touristen aus den USA, der auf der Kleininsel Mathraki im Nordwesten Korfus mehrere Tage abgängig war, wurde am Wochenende entdeckt. Vermisst werden weiterhin fünf Personen: ein US-amerikanischer Tourist auf Amorgos, der in der Vorwoche auf dieser Kykladeninsel zu einer rund fünfstündigen Wanderung gestartet war; zwei Französinnen im Alter von 64 und 73 Jahren, von denen seit Freitag auf der kleinen Kykladeninsel Sikinos jedes Lebenszeichen fehlt; ein Paar aus Israel, das nach wie vor beim Ort Vytina auf der Peloponnes gesucht wird.

Auch Brände können eine Folge der Hitze sein, wie hier im vergangenen Jahr auf Korfu.
AFP/EUROKINISSI/TATIANA BOLARI

Wichtige Verhaltensregeln

Für all diese Begebenheiten gibt es unterschiedliche Erklärungsmöglichkeiten. Einen gewissen Rahmen steckte aber die Sprecherin der griechischen Polizei, Konstantina Dimoglidou, ab. In Statements gegenüber dem privaten TV-Sender Mega sagte sie, dass man zwar im Falle des Amerikaners auf Amorgos eine kriminelle Tat noch nicht ausschließen könne.

Sie ergänzte aber: Es gebe auch noch andere Personen, nach denen die Polizei derzeit suche – "alle diese Menschen sind in jenen Tagen verschwunden, in denen wir die große Hitze und diese schwierigen Bedingungen hatten, die zum Wandern an derart unwegsamen Orten nicht geeignet waren", so Dimoglidou.

Die wichtigsten Verhaltensregeln des griechischen Ministeriums für Klimakrise und Zivilschutz lauten im Falle von Hitze: Aufenthalt in schattigen Räumen und keine Wanderungen oder sportliche Aktivitäten (wie Laufen) in der Sonne. Viele der in Hellas Erholung suchenden Gäste aus dem Ausland scheinen diese Kanons zu missachten. Die attische Webseite Irafina hält fest: "Es scheint, dass einige von ihnen die Gefahren, die eine Hitze mit sich bringt, ignorieren und zu Wanderungen aufbrechen." Und in dieselbe Kerbe schlägt das Webmagazin lifo.gr: "Die Anzahl der Menschen, die im Juni ihr Leben verloren, während sie wanderten, ist ungewöhnlich hoch."

40-Grad-Marke

In den griechischen Medien fehlt im Zusammenhang mit dem Vermissten-Phänomen auch nicht der Verweis auf die Klimakrise. Tatsache ist, dass sich derart hohe Temperaturen mit deutlich über 40 Grad Celsius in Hellas in diesem Jahr so früh wie noch nie bemerkbar gemacht haben. "Im 20. und 21. Jahrhundert hat es zwar immer wieder Hitzewellen gegeben, aber keine ereignete sich vor Mitte Juni." Das betonte der Meteorologe Panagiotis Giannopoulos im staatlichen TV-Sender ERT. Und ab Mitte dieser Woche werden regional die Tageshöchstwerte erneut an der 40-Grad-Marke kratzen. (Robert Stadler aus Athen, 18.6.2024)