Simon Bonney von Crime and the City Solution heute. Die zwei besten Arbeiten seiner Band aus den 1980ern wurden eben neu aufgelegt.
Christian Fischer

Betrachtet man ihre Frisuren, wird klar, warum in den 1980ern das mit dem Ozonloch zum Problem wurde. Da wurde doch einiges in giftiges Zeug investiert, bloß um die Frisur in Richtung Vogelnest aufzublasen, da gab es zwischen Duran Duran und Crime and the City Solution wenig Unterschied.

Musikalisch waren das zwei verschiedene Welten. Nachzuhören ist das anhand zweier aktueller Wiederveröffentlichungen der australischen Band: Soeben wurden Just South of Heaven und Room of Lights auf Vinyl wiederveröffentlicht, die besten Alben der Band rund um Simon Bonney.

Expressive Schule

Um ihn gruppierten sich Mitte der 1980er-Jahre der von Nick Cave bei den Bad Seeds nicht weiterbeschäftigte Birthday-Party-Gitarrist Rowland S. Howard, der von den Swell Maps her bekannte Epic Soundtracks und Mick Harvey, der Joker für viele australische Underground-Bands jener Zeit – und bis heute: Gerade spielt er in einer aktuellen Reunion-Tour von The Saints.

Chef von Crime and the City Solution war und ist Simon Bonney. Er ist vom Pathos und dem Expressionismus her der Schule des Jim Morrison von den Doors zuzurechnen, angetan vom Irrsinn eines Hunter S. Thompson und dem Storytelling von Größen wie Willie Nelson.

Five Stone Walls
Crime & the City Solution - Topic

Kanalisiert wurde das in eine ramponierte Musik mit Wurzeln im Punk und einem vagen Bluesgefühl. Wie Cave war Bonney damals von den Mythen des US-Südens berührt. Das ergab wuchtige, stets edel zerlegte Songs. Auf Just South of Heaven stechen drei besonders heraus: The Coal Train, die Ballade Rose Blue und der Hit Five Stone Walls.

Mit diesen Songs wilderten Crime im Einzugsgebiet des Nick Cave. Die geisterhafte Gitarre Howards verleiht den Songs Magie, Harvey hält den Laden zusammen, denn ebenso existenzialistisch, wie die Musik klang, führten einzelne Bandmitglieder ihr Dasein am Rande des Abgrunds. Soundtracks und Rowland S. Howard sind lange tot.

Himmel über Berlin

Die Band begeisterte Wim Wenders, der sie in seinem Film Der Himmel über Berlin einsetzte, was zum populärsten Moment in der Band-Biografie wurde. Anders als gedacht, befand sich die Gruppe nur in einer Art Zweckehe, wirklich befreundet war man gar nicht, erzählte Bonney später.

Crime and the City Solution - Six Bells Chime (Der Himmel über Berlin, 1987)
yourveins

Im Ergebnis machte das keinen Unterschied. Dieselbe Besetzung veröffentlichte ein Jahr später (1986) Room of Lights, wiederum mit wild wuchernden Balladen, die schwere Zeichen bemühen, biblisches Ungemach beschwören, das Leben als steten Kampf beschreiben. Das tut natürlich jeder Häusl-Metaller, doch die Musik von Crime war doch recht einzigartig, wie die remasterten und bei Mute Records erschienenen Wiederauflagen zeigen.

In den 1990ern war Schluss, Bonney verschwand, arbeitete als Fahrer für die Filmindustrie in Kalifornien oder die Korruptionsbekämpfungsbehörde in Australien – bevor er 2013 die Band wiederbelebte. Doch so intensiv wie auf diesen beiden Werken klang sie nicht wieder. (Karl Fluch, 19.6.2024)