Eine Ingenieurin hält ein Modell von einem Windrad hoch - im Hintergrund sind Windräder zu sehen.
Banken müssen ihr Kreditportfolio anpassen und mehr grüne Investments ausweisen. Eine klare Strategie fehlt aber in vielen Häusern, zeigt eine Umfrage.
IMAGO/Alena Kuznetsova

Das Thema Nachhaltigkeit wird auch im Finanzbereich großgeschrieben. Nicht nur, dass Banken ihr Kreditportfolio nachhaltiger gestalten müssen – künftig also darauf achten müssen, viele grüne Projekte zu finanzieren –, auch sie selbst als Institute müssen sich transformieren. Wie es um diese Transformation steht, hat das Beratungsunternehmen Zeb in einer europaweiten Umfrage erhoben. 36 Kreditinstitute aus der DACH-Region haben an der Umfrage teilgenommen (zwölf davon aus Österreich), acht weitere internationale Institute.

Die Ergebnisse zeigen, dass Banken die Bedeutung von ESG anerkennen. Von den Banken wird die grüne Transformation wohl als zentraler Reputationsfaktor wahrgenommen. Für nahezu alle befragten Banken (97 Prozent) ist eine positive ökologische Außendarstellung mindestens genauso relevant für die Gesamtreputation wie zum Beispiel die Seriosität oder stabile Geschäftszahlen. "Getrieben werden die ESG-Bestrebungen aber vor allem durch die Regulatorik sowie auch die Erwartungen ihrer Stakeholder", sagt Michaela Schneider, Managing Partner von Zeb Austria. Nur knapp 30 Prozent messen bisher positive betriebswirtschaftliche Beiträge durch ESG.

Kaum Produktinnovationen

Auf absehbare Zeit fehlen aber die betriebswirtschaftlichen Erfolge, um ESG zu einem strategischen Treiber in der Wettbewerbspositionierung zu machen. Banken fehlt noch ein konkretes wirtschaftlich lohnendes ESG-Geschäftsmodell. "Grüne" Produkte sind integriert, echte Produktinnovationen gibt es nur wenige. Der vertriebliche Einsatz von ESG ist weiter ausbaufähig, ebenso wie die ESG-Qualifizierung des Vertriebs. "Grüne Neugeschäfte" machen daher auch bei bis zu 75 Prozent der Banken weniger als zehn Prozent des Gesamtvolumens aus. Nur 25 Prozent der Banken messen einen positiven betriebswirtschaftlichen GuV-Beitrag durch ESG. 40 Prozent der Großbanken geben sogar negative GuV-Beiträge an.

Relevanz von ESG-Kriterien
Zeb

Das "Net-Zero-Ziel" ist für viele Banken unstrittig. Mit Blick auf Ambition, Messung und Umsetzung der Abbaupfade im Betriebsmodell und Geschäftsportfolio gibt es aber erhebliche Unterschiede zwischen den Banken. Etwaige Interessenskonflikte werden bisher kaum adressiert. Neun Prozent der Banken geben an, Netto-Null-Ziele im Betriebsbereich bereits erreicht zu haben. Bis 2035 wollen 40 Prozent so weit sein. 26 Prozent haben dafür aber noch kein Ziel definiert – das sind vor allem kleinere, regionale Institute. Im Kreditportfolio hat noch niemand die Netto-Null erreicht. Bis 2035 wollen es drei Prozent der Banken schaffen. Bis 2050 wollen 36 Prozent ihr Kreditportfolio dahingehen umgestellt haben. 44 Prozent der Banken – wiederum eher die kleinen, regionalen Häuser – haben noch keine Netto-Null-Ziele formuliert.

Strategie fehlt

Noch am Anfang steht die Berücksichtigung von ESG-Risiken im Risikomanagement. ESG-Risiken werden in Ausprägungen und Auswirkungen kaum konkret genug quantifiziert, um damit eine eigentlich notwendige ESG-angepasste Risk-Return-Steuerung umsetzen zu können. Weniger als die Hälfte aller Institute evaluiert physische und transitorische ESG-Risiken anhand bestehender oder eigens kreierter Risikomodelle.

Was alle Institute eint, ist die fehlende Datenverfügbarkeit – das sei derzeit das größte Hemmnis im ESG-Datenmanagement. Entsprechend greifen Banken bei der Beschaffung von ESG-Daten überwiegend auf externe Anbieter zurück, wobei die Beschaffung mehrheitlich noch nicht auf Einzelkundenebene erfolgt. "Praktisch alle Institute haben die gleichen Probleme und Herausforderungen", fasst Frank Mrusek, Seniomanager bei Zeb und Autor der aktuellen Umfrage, die Ergebnisse zusammen: fehlende ESG-Daten, noch unterentwickeltes Risikomanagement und fehlende einheitlichen Standards. Spielraum sieht Zeb auch bei der Einbindung von ESG-Kriterien in den Vertrieb. (Bettina Pfluger, 19.6.2024)