Leere Altstadt von Athen
Bleiben in Athens Altstadt bald die Straßen leer, weil alle noch in der Arbeit sind?
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Während hierzulande meist über kürzere Arbeitszeiten diskutiert wird, geht Griechenland nun einen anderen Weg. Die konservative Regierung hat bereits im September ein Gesetz beschlossen, mit dem ab 1. Juli die Sechstagewoche ausgeweitet wird. Bislang waren sechs Arbeitstage nur im Tourismus und der Lebensmittelindustrie Usus. Mit der Maßnahme möchte man gegen den Fachkräftemangel vorgehen.

Die Arbeitszeitverlängerung erfolge auf freiwilliger Basis und soll in einem Aushandlungsprozess zwischen Beschäftigten und Unternehmen stattfinden, heißt es. Firmen müssen den Beschäftigten aber nur 24 Stunden Vorlaufzeit für einen zusätzlichen Achtstundentag einräumen. Locken will man die Mitarbeitenden hingegen mit einem Lohnaufschlag von 40 Prozent an einem Samstag und von 115 Prozent an einem Sonn- oder Feiertag.

Im Durchschnitt arbeiten Beschäftigte in Griechenland mit 39,8 Stunden pro Woche aber auch aktuell schon mehr als in jedem anderen EU-Land. In Österreich kommen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wöchentlich auf etwa 33,6 Wochenstunden, zeigen Daten von Eurostat aus dem Vorjahr.

Beamte ausgenommen

Mit der weitreichenden Reform soll nicht nur der Fachkräftemangel bekämpft werden, die Regierung erhofft sich davon auch, die Schwarzarbeit einzudämmen. Arbeitende können künftig neben einer Vollzeitstelle von acht Stunden auch noch einen Nebenjob von bis zu fünf Stunden pro Tag annehmen. Damit werden sogar 13 Arbeitsstunden pro Tag und eine Höchstarbeitszeit von bis zu 78 Wochenstunden möglich. Viele Griechinnen und Griechen hätten ohnehin Zweitjobs neben ihrem Hauptberuf, argumentierten die Befürworter des Gesetzes. Diese Tätigkeiten sollen nun aus der Illegalität geholt werden.

Doch nicht alle Branchen sind von der Arbeitszeitverlängerung betroffen – Beamte sind sogar ausdrücklich von der Sechstagewoche ausgenommen. Grundsätzlich steht diese Option allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor zur Verfügung, insbesondere in Bereichen wie Banken, Versorgungsunternehmen und Landwirtschaft.

Heftige Kritik

Das Gesetzespaket hatte die konservative Regierung im Herbst gegen heftigen Widerstand der Opposition und der Gewerkschaften durch das Parlament gebracht. Die maximal zulässige Arbeitszeit wird dadurch von 40 auf bis zu 48 Stunden erhöht. Auch andere Bestimmungen des Arbeitsrechts werden flexibilisiert. Beschränkungen von Probezeiten werden beispielsweise ebenfalls gelockert, Kündigungen sind dann im ersten Jahr der Anstellung jederzeit möglich.

Damit kein Missbrauch betrieben wird, müssen zusätzliche Arbeitstage in einem digitalen System angemeldet werden. Die Regierung hat außerdem Kontrollen angekündigt. Kritikerinnen und Kritiker bezweifeln das jedoch und befürchten, dass das Gesetz zu einer Ausbeutung der Arbeitenden führen könnte. Zudem wird der Einfluss von Gewerkschaften eingeschränkt. So kann künftig mit hohen Geld- oder sogar Gefängnisstrafen belegt werden, wer arbeitswillige Beschäftigte an der Arbeitsaufnahme hindert – also etwa Streiks durchsetzt. (red, 19.6.2024)