Der deutsche Schauspieler FranzRogowski spielt in "Disco Boy" den belarussischen Fremdenlegionär Aleksei.
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Giacomo Abbruzzeses Disco Boy ist einer dieser sehr dunklen Filme, in denen sich Männer in flackerndem Stroboskoplicht ihre Traumata kathartisch wegtanzen. Angelehnt ist dieses atmosphärische Neondrama sehr offensichtlich an den französischen Film Beau Travail (Der Fremdenlegionär) von Claire Denis – gewürzt mit Einflüssen von Kino-Ästheten wie Nicolas Windig Refn (Drive, The Neon Demon) oder Gaspar Noé (Irreversibel, Enter the Void) und Kriegsfilmen wie Apocalypse Now.

Der schweigsame Belarusse Aleksei, gespielt vom deutschen Arthouse-Liebling Franz Rogowski (Victoria, Große Freiheit), reist beschwerlich über Polen nach Frankreich. Er will sich dort der Fremdenlegion anschließen, sein Ziel ist die begehrte französische Staatsbürgerschaft. In seiner Vorstellung geht damit Freiheit einher. Im Nigerdelta kämpft hingegen der charismatische Freiheitskämpfer Jomo (Morr Ndiaye) gegen die übermächtigen Ölfirmen, die den Boden vergiften. Dorthin verschlägt es Aleksei. Die Wege der beiden Männer kreuzen sich – der Film schlägt daraufhin eine hypnotische, schwer fassbare Richtung ein.

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Dunkler Fiebertraum

Inszeniert ist Abbruzzeses Spielfilmdebüt mit viel Pathos und stilistischer Bestimmtheit, man wird in eine fiebertraumartige Welt hineingezogen. Eine Welt, die durch präzise Kameraführung, dreckige Techno-Musik und mitreißendes Sounddesign die Fähigkeit besitzt, einen ganz in ihren Bann zu ziehen – sofern man Lust verspürt, sich auf diesen Trip einzulassen. Hinzu kommen zwei Hauptdarsteller, die trotz wortkargen Auftretens durch ihre physische Präsenz einnehmend wirken. Fast schafft es der Film dadurch, zu verschleiern, dass sich hinter dem audiovisuellen Qualitäten nicht besonders viel Substanz verbirgt.

Disco Boy würde sich gerne auf kluge Weise in den postkolonialen Diskurs einmischen. Irgendwas sagen. Auf dem Weg dorthin, zwischen nigerianischem Dschungel und Pariser Nachtclub, verliert sich der Film aber zu sehr in seiner stilistischen Inszenierung. Spielerein mit Wärmebildkamera und schnelle Schnitte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine flackernde, aber eher leere Hülle präsentiert wird. Die Lücken soll der Zuseher oder die Zuseherin füllen. Immerhin ist das schön anzusehen. (Jakob Thaller, 21.6.2024)