Veronika und Sebastian Bohrn Mena waren beim ersten Prozesstermin dabei, an dem ihre zivilrechtliche Klage gegen Lena Schilling am Bezirksgericht in Wien verhandelt wurde.
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Richterin Andrea Zlöbl sprach auch ein bisschen über ihre eigene Situation, als sie am Freitag zu den Streitparteien im Prozess Bohrn Mena gegen Schilling sagte: "Sie sehen ja das große Medieninteresse, das hat sicher auch unangenehme Aspekte." Zuvor hatte sich die Richterin vergeblich bemüht, am Bezirksgericht der Wiener Innenstadt einen größeren Saal zu finden, um für mehr Platz für die Schar an Journalistinnen und Journalisten zu sorgen, von der sie ehrlich überrascht schien.

Es war der erste Termin, bei dem die zivilrechtliche Klage des Aktivisten-Ehepaars Veronika und Sebastian Bohrn Mena gegen die Grünen-Politikerin Lena Schilling verhandelt wurde. Die Bohrn Menas werfen Schilling vor, zwischen 2022 und 2024 mehrmals kreditschädigende Falschbehauptungen über deren Ehe- und Berufsleben in Umlauf gebracht zu haben.

Früher verbündet und befreundet

Dabei waren die drei bis vor kurzem nicht nur politische Verbündete innerhalb der links-ökologischen Szene, sondern standen einander auch privat nahe. So wurde Schilling 2022 Funktionärin der damals von den Eheleuten gegründeten Stiftung Común und wurde auch zu einer engen Freundin der deutlich älteren Veronika Bohrn Mena.

Laut den Bohrn Menas wurde das Verhältnis Anfang des heurigen Jahres arg in Mitleidenschaft gezogen, als ihnen von diversen Personen zu Ohren gekommen sei, welch schlimme Gerüchte Schilling über sie ventiliert habe. Als Muster von Schillings Erzählungen habe sich herauskristallisiert, dass Sebastian Bohrn Mena seine Frau schlage und das Paar in Bezug auf die Común-Stiftung "wie die Mafia" agiere.

Lena Schilling bestreitet alle Punkte, in denen sie geklagt wird. Beim ersten Gerichtstermin am Freitag überließ sie ihrer Anwältin das Feld.
Heribert Corn

Nachdem die Causa im Mai publik wurde, eskalierte die Stimmung zwischen der Grünen und den Bohrn Menas im Sog des EU-Wahlkampfes immer mehr, was nun eben bis zum Gericht führte. Die Eheleute wollen mit ihrer Klage erreichen, dass Schilling die besagten Behauptungen in aller Öffentlichkeit widerrufen muss.

Sebastian Bohrn Mena – bekannt durch seine Tierschutzkampagnen und Auftritte auf oe24.tv – erklärte sich am Freitag jedoch bereit, die Forderung abzuschwächen: Es sei schon genug, wenn Schilling die Vorwürfe gegenüber jenen in der Klage genannten Personen schriftlich widerrufe, denen gegenüber sie diese geäußert hatte. Wichtig sei für die Bohrn Menas, dass Schilling ihre Argumentation zurücknimmt, wonach sie Gerüchte über eheliche Gewalt aus einer Sorge heraus kolportiert hat. Das Paar hält diese Begründung für aus der Luft gegriffen: Schillings Ankündigung, sich zu bestimmten Zeiten intensiv um die angeblich geschlagene Freundin kümmern zu müssen, habe schlicht der pragmatischen Umgehung anderweitiger privater Terminkollisionen gedient.

Schwierige Öffentlichkeit

Die designierte EU-Abgeordnete selbst konnte darauf nicht direkt eingehen, sie blieb dem ersten Prozesstermin fern. Vertreten wurde Schilling durch ihre Anwältin Maria Windhager. Aus deren Sicht ist noch nicht einmal bewiesen, dass Schilling die Gewaltvorwürfe über die Bohrn Menas in der Vergangenheit tatsächlich verbreitet hat und ob das allenfalls unzulässig war. Auch das Mafia-Wording in Bezug auf die Stiftung der Bohrn Menas rechtfertige keinen Widerruf, zumal es sich um ein "Werturteil" handle, für dessen Zulässigkeit auch ein nur dünnes Tatsachensubstrat ausreichend sei.

Zur abgemilderten Forderung der Bohrn Menas zeigte sich Windhager skeptisch. Sinngemäß erklärte sie, dass die Einigung auf einen Widerruf, der nicht als solcher in Medien abgedruckt wird, sondern nur an bestimmte Adressaten geht, durch das anwesende Gerichtspublikum erst recht wieder mediale Verbreitung findet. Eine solche Vergleichsdiskussion mache also nur Sinn, wenn die Journalisten den Raum verließen, sagte Windhager – was die Richterin mit Hinweis auf das Prinzip der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen freilich nicht verlangen konnte.

Richter als Mediator

Allerdings wartete Zlöbl mit einer anderen kreativen Idee auf: "Kennen Sie das gerichtsinterne Einigungsverfahren?", fragte sie Windhager und Daniel Bauer, der als Rechtsvertreter der Bohrn Menas dabei war. Die recht kargen Antworten der sich unwissend gebenden Anwälte veranlassten Zlöbl zu einer beherzten Erklärung: "Das ist wirklich eine gute Sache, ich empfehle das sehr." Sie habe mit diesem Pilotprojekt schon "tolle Lösungen gesehen, die man nie erwarten würde".

Das Modell, kurz erklärt: Die Streitparteien können sich kostenlos an eine Richterin wenden, die eine Ausbildung in Mediation absolviert hat und mit der man sich außerhalb des Verfahrens zusammensetzen kann, um ohne Öffentlichkeit an einer gemeinsamen Kompromisslösung zu arbeiten. Das sei freiwillig und könne parallel zum eigentlichen Zivilverfahren probiert werden. Streiten sei immer einfach, gab Zlöbl zu bedenken: "Konflikte selber zu lösen ist eine Stärke."

Termin im Oktober fixiert

Die Anwesenden zeigten sich in einer ersten Reaktion allesamt interessiert. Die auch danach teils giftigen Wortwechsel zwischen den Bohrn Menas und Anwältin Windhager ließen aber doch Zweifel an der Umsetzbarkeit aufkommen. Dabei warb die Richterin sogar mit einem Ortswechsel, der angesichts der hitzigen Luft im mangelhaft klimatisierten Verhandlungssaal durchaus attraktiv klang: Die Mediation könne auch "im Grünen, im Prater" über die Bühne gehen, sagte Zlöbl.

Klappt eine solche Einigung nicht, geht der normale zivilgerichtliche Prozess am 24. Oktober weiter. Drinnen. Im Bezirksgericht. (Theo Anders, 21.6.2024)