In letzter Zeit mag es etwas ruhiger geworden sein um den Nasa-Marsroboter Perseverance. Untätig war der Rover freilich nicht: Seit seiner spektakulären Landung im Februar 2021 hat Perseverance am nordwestlichen Rand des Marskraters Jezero über 27 Kilometer zurückgelegt. Die lange Reise hat Spuren hinterlassen, vor allem die sechs Aluminiumräder zeigen Abnützungserscheinungen.

Doch das hält Perseverance nicht von seiner Mission ab, die hauptsächlich darin besteht, Staub und Atmosphäre mit Sensoren und Spektrometern zu analysieren, den Untergrund per Radar zu kartieren, mit seinen Kamerasystemen nach interessanten Steinen Ausschau zu halten und ab und zu auch anzubohren. Die Suche gilt unter anderem Spuren von möglichen Leben oder seinen Vorstufen.

Marsmosaik mit Atoko Point
Der "Atoko Point" getaufte helle Felsbrocken auf dem Mount Washburn sticht deutlich hervor.
Foto: NASA/JPL-Caltech/ASU/MSSS

Ungewöhnliche Gegend

Auf seinem Weg ist Perseverance vor einigen Tagen auf einen ungewöhnlichen Felsbrocken gestoßen, der sich auch für einen Laien vom gewohnten Bild der Marsfelsen unterscheidet. Auch für Expertinnen und Experten waren die Gesteine dieser Kraterregion ein neuer Anblick. Das Gelände sei von Felsen bedeckt, von denen man einige noch nie zuvor gesehen hatte, meinte das Perseverance-Team am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der Nasa.

Ein besonders auffälliger Stein setzt sich wegen seiner hellen, fast weißen Färbung von seiner staubigen Umgebung deutlich ab. Da er einer Formation im Grand Canyon ähnelt, benannten die Forschenden ihn danach: "Atoko Point". Dieser Stein, den man bereits am 27. Mai auf einer 18-teiligen Mosaikaufnahme der Umgebung entdeckt hatte, sei "eine Klasse für sich", erklären die Nasa-Wissenschafter in einer Aussendung.

Marsmosaik mit Atoko Point
Der helle Brocken war auf einem Mosaik aus 18 Aufnahmen vom 27. Mai erstmals bemerkt worden.
Foto: NASA/JPL-Caltech/ASU/MSSS

Beschwerlicher Weg

Nachdem Perseverance zuvor einen Umweg durch ein Dünenfeld gemacht hatte, um seine malträtierten Räder zu schonen, erreichte der Rover am 9. Juni sein derzeitiges Einsatzgebiet namens "Bright Angel". Sein Hauptinteresse gilt momentan Karbonat- und Olivinablagerungen, die in dem felsigen Areal auf frühere Flusserosion hindeuten könnten.

In den Wochen davor musste sich Perseverance einen Hügelgrat entlangkämpfen, der Weg war hürdenreich und führte am Ufer des vor Milliarden Jahren ausgetrockneten Flusskanals Neretva Vallis entlang. "Wir begannen Ende Januar parallel zum Kanal zu fahren und kamen recht gut voran, aber dann wurden die Felsbrocken größer und zahlreicher", sagte Evan Graser, stellvertretender Leiter der strategischen Routenplanung von Perseverance am JPL. "Was im Durchschnitt über hundert Meter pro Marstag betrug, ging auf nur noch einige zehn Meter zurück. Das war frustrierend."

Marsroute von Perseverance
Die Karte zeigt die Route, die Perseverance zwischen 21. Januar und 11. Juni zurückgelegt hat. Die weißen Punkte markieren die Zwischenstopps des Rovers.
Foto: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Atoko Point

Trotz dieser Schwierigkeiten erreichte Perseverance in der zweiten Maihälfte schließlich Mount Washburn, einen Hügel, der schon von weitem besonders faszinierende Felsblöcke versprochen hatte. "Die Vielfalt der Texturen und Zusammensetzungen am Mount Washburn war eine aufregende Entdeckung für das Team – ein Sammelsurium von geologischen Geschenken", sagte Brad Garczynski von der Western Washington University in Bellingham, der die aktuelle Kampagne mitleitet. "Aber unter all diesen verschiedenen Steinen gab es einen, der unsere besondere Aufmerksamkeit erregte."

Der helle, kaum mit Staub bedeckte Atoko Point ist etwa 45 Zentimeter breit und 35 Zentimeter hoch. Perseverance machte sich mit seinen Instrumenten SuperCam und Mastcam-Z an die Arbeit und analysierte die Zusammensetzung des Felsens: hauptsächlich Pyroxen und Feldspat. Durch diese Minerale sowie durch seine Größe, Form und die Anordnung der Mineralkörner und Kristalle spielt Atoko Point "in einer ganz eigenen Liga", erklärten die Nasa-Forschenden.

Perseverance, Neretva Vallis
Perseverance überquerte am 6. Juni das Neretva Vallis. Die Navigationskameras des Rovers haben hier das uralte Flussbett festgehalten. Die hellere Zone in der Ferne ist "Bright Angel", das Gebiet, in dem sich Perseverance aktuell aufhält.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Unklare Herkunft

Einige des Teams vermuten, dass die Mineralien, aus denen Atoko Point besteht, tief unter dem Boden in einem marsianischen Magmakörper entstanden sind, die hier nun zutage treten. Andere spekulieren, dass der Felsbrocken an einem weit entfernten Ort jenseits der Kraterränder von Jezero schon vor Äonen an die Oberfläche gekommen war und von schnellen Wassermassen hierher transportiert wurde. In jedem Fall ist Atoko Point für das Perseverance-Team "der erste seiner Art, vielleicht aber nicht der letzte".

Nachdem der Marsrover das Fundstück wieder verlassen hatte, hat er seinen Weg rund 130 Meter Richtung Norden fortgesetzt, um die Geologie einer Formation namens Tuff Cliffs zu untersuchen. Mittlerweile ist er in Bright Angel angekommen; um dorthin zu gelangen, musste Perseverance über 600 Meter durch raues Gelände zurücklegen. (tberg, 21.06.2024)