Das Eingangsportal der Nationalbank in Wien
Die anstehenden Nationalratswahlen haben die Regierung zu großer Eile bei den Nachbesetzungen von Führungsjobs in Notenbank und FMA bewogen. Sehr elegant läuft das Verfahren nicht.
APA/Tobias Steimaurer

Das Zeitkorsett ist eng geschneidert – aber die Zeit eilt ja auch, für die Regierung. Am Montag findet im Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) jene Sitzung statt, in der die Weichen für die Neubesetzung der OeNB-Spitze gestellt werden. Das von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer geleitete Gremium erstellt Dreiervorschläge, die dann an die Regierung gehen. Am Mittwoch entscheidet dann der Ministerrat, danach kann der Bundespräsident die Ernennungen unterschreiben. Die Posten des Gouverneurs, des Vizegouverneurs und der beiden Direktoren werden zwar erst im Sommer 2025 frei, aber die Koalition hat sie frühzeitig ausgeschrieben. Damit nach den Nationalratswahlen in der Zeit der Regierungssuche keine Unsicherheit und kein Chaos entstehen, lautet die offizielle Lesart. Damit ÖVP und Grüne noch die von ihnen goutierten Leute installieren können, lautet die landläufige Lesart.

Tatsächlich steht schon fest, wer kommen wird. Auf Robert Holzmann (FPÖ) folgt der von der ÖVP nominierte Wirtschaftsminister Martin Kocher, Vizegouverneurin soll die Chefin des Austria Wirtschaftsservice (AWS), Edeltraud Stiftinger (SPÖ), werden, und die Grünen setzen auf Notenbanker Josef Meichenitsch, ein Berater Werner Koglers, der einst in der FMA war und in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP das Kapitel Finanzen verhandelt hat. Direktoriumsmitglied Thomas Steiner (ÖVP) soll zum zweiten Mal bestellt werden. Geht es nach der ÖVP, soll er künftig für die Bankenaufsicht zuständig sein.

Absage-Mail Tage vor Generalratssitzung

Dennoch: Bis dato wurde noch nichts offiziell entschieden. Trotzdem gibt es interessanterweise schon offizielle Absagen. Bewerberinnen und Bewerber, die auch in Hearings auf Generalratspräsident Mahrer und seine Stellvertreterin, ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Ingrid Reischl, trafen, bekamen schon am Donnerstag Absage-Mails vom Präsidium. Man bedanke sich für das Interesse und spannende, aufschlussreiche Bewerbungsgespräch, und es sei auch nicht leichtgefallen, unter den vielen hervorragenden Persönlichkeiten (…) eine Auswahl zu treffen, schrieben Mahrer und Reischl. Bedauerlicherweise müsse man mitteilen, dass man sich für Kandidatinnen und Kandidaten entschieden habe, deren Profil den Anforderungen der ausgeschriebenen Positionen noch genauer entsprochen habe. Der Zeitpunkt des Schreibens, das auch hochrangige Bewerber aus der OeNB erhielten, habe die Empfänger doch ziemlich verblüfft, wird kolportiert.

Warum die Eile? Warum werden Absagen verschickt, Tage, bevor der Generalrat zu seiner beschlussfassenden Sitzung zusammentritt? Das wollte DER STANDARD von Mahrer und Reischl in Erfahrung bringen, bekam aber keine Antwort.

Auch FMA-Entscheidung steht bevor

Eile und enges Zeitkorsett, das sind auch die Rahmenbedingungen für die Nachbesetzung des im nächsten Juni freiwerdenden Vorstandsposten in der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA. Da läuft der Vertrag von Eduard Müller, einst Sektionschef im Finanzministerium, aus. Um den Spitzenjob haben sich auch Experten aus der FMA beworben, die auch in internationalen Gremien Funktionen ausüben. Müller hat seine Bewerbung zurückgezogen, wie er jüngst erzählte: Beworben habe er sich, weil es sonst angesichts des damals gegen ihn von der WKStA geführten Ermittlungsverfahrens wie ein Schuldeingeständnis gewirkt hätte, nach der Einstellung müsse er nun aber keinem mehr etwas beweisen.

Auch der FMA-Vorstandsjob soll schon am kommenden Mittwoch durch den Ministerrat gehen. Die besten politischen Karten hat Mariana Kühnel, Vize-Generalsekretärin der Wirtschaftskammer und seit 2022 Erste-Group-Aufsichtsratsmitglied. Sie hat früher das Vorstandsbüro von Erste-Group-Chef Andreas Treichl geleitet und hat jetzt keine Chancen, Generalsekretärin des Wirtschaftsbunds zu werden. Erfahrung in der Bankenaufsicht hat sie nicht.

Kommission berät mit

Zuständig für diese Entscheidung ist das von Magnus Brunner (ÖVP) geführte Finanzministerium. In der Personalbesetzungskommission für den FMA-Chefposten sitzen für das Ministerium der für Wirtschaftspolitik und Finanzmärkte zuständige Sektionschef Harald Waiglein sowie ein Abteilungsleiter aus dem Bereich Beteiligungen und Liegenschaften. Letzterer kam 2020 ins Finanzministerium und war einst in der Rechtsabteilung von Magna International tätig. Waiglein wird ab 1. Juli FMA-Aufsichtsratschef sein.

Bei der jüngsten Bestellung Helmut Ettls in den FMA-Vorstand 2022 (er sitzt auf einem OeNB-Ticket) hatte die OeNB erstmals eine Auswahlkommission eingesetzt. Mitglieder waren damals OeNB-Gouverneur Holzmann und Vizegouverneur Gottfried Haber sowie die Ex-Chefin der deutschen Aufsichtsbehörde Bafin und Ex-Chefin der europäischen Bankenabwicklung, Elke König, sowie Andreas Dombret, der bis 2018 im Vorstand der Deutschen Bundesbank Sitz und Stimme hatte. (Renate Graber, 21.6.2024)