Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker sorgt derzeit mit seinem Vorschlag für Aufregung und heftigen Gegenwind. Er will ja, dass mehr Ärztinnen und Ärzte dem öffentlichen Gesundheitssystem zur Verfügung stehen. Spitalsärzte, die Teilzeit in einem Wiener Krankenhaus arbeiten, sollen künftig nicht mehr als Wahlarzt tätig sein dürfen. Wie sieht die Österreichische Gesundheitskasse diesen Vorstoß?

Andreas Huss, er ist stellvertretender Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse, erklärt bei Margit Laufer Sonntagabend in der ZiB 2 Grundsätzliches für all jene, die (noch) nicht wissen, worum es genau geht. Es gehe darum, mehr Ärztinnen und Ärzte in das öffentliche System zu bringen. Wahlärztinnen und Wahlärzte "arbeiten mit dem öffentlichen System nicht zusammen, müssen sich an keine Regeln halten, können Honorare verlangen, die sie festlegen, können Arbeitszeiten festlegen, die ihnen halt passen, müssen nicht an Bereitschaftsdiensten mitarbeiten".

Andreas Huss war Sonntagabend zu Gast bei Margit Laufer in der
Andreas Huss war Sonntagabend zu Gast bei Margit Laufer in der "ZiB 2".
Screenshot: ORF On

Sie würden also alle Vorteile haben, die sie im öffentlichen System nicht haben. Man müsse also hinterfragen, ob diese Vermischung, dass jemand sowohl im öffentlichen als auch privaten System tätig sein kann, sinnvoll ist. Das sei "zumindest für Teile abzustellen", denn das schwäche das öffentliche Gesundheitssystem. Es soll aber möglich sein, dass Teilzeitkräfte im Spital in einer Kassenpraxis mitarbeiten. "Das ist das Modell, das mir gut gefallen würde", so Huss.

Ob nicht die Gefahr bestehe, dass Ärztinnen und Ärzte, die jetzt im Spital arbeiten und nebenbei eine Wahlarztpraxis haben, dann das Spital beiseiteließen, fragt Laufer nach. Das glaubt Huss nicht, der Großteil der Ärzte hätte "schon grundsätzlich das Interesse und auch die persönliche Einstellung, für alle Menschen da sein zu wollen". Wahlärzte seien ja nur für einen Teil der Menschen da, nämlich für jene, die sich Wahlärzte eben leisten können. "Und das ist bei weiten nicht der Großteil der Menschen", sagt Huss.

Er rechnet vor, dass einer Allgemeinmedizinerin oder einem Allgemeinmediziner netto etwa 9000 bis 10.000 Euro pro Monat bleiben. "Da wird man nicht steinreich, aber man kann gut davon leben", sagt er, "so unattraktiv ist der Kassenvertrag mit Sicherheit nicht." Vielleicht ist Geld ja nicht alles, wirft Laufer ein und bringt die Rahmenbedingungen ins Spiel. Huss steigt darauf nicht ein, erwähnt, dass die Versorgungswirksamkeit von Wahlärzten eine gering sei. Wenn mehr Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen System arbeiten, würden sich die Patientinnen und Patienten besser verteilen, "dann hat der einzelne Arzt mehr Zeit für seine Patienten".

ZIB 2: Huss (ÖGK): Vermischung im Gesundheitssystem abstellen
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Wie soll das öffentliche System für Ärztinnen und Ärzte attraktiver werden? Huss spricht hier das Ziel an, bis 2030 rund 300 Primärversorgungssysteme zu haben, und auch das Problem etwa im Bereich der Frauenärzte und Frauenärztinnen: "Da haben wir ein großes Problem mit Wartezeiten im öffentlichen System." Lösungen seien hier Formen der Zusammenarbeit. Generell sei der Kassenvertrag nachgefragt, es gebe viele Bewerbungen, aber "es gibt viele Bewerbungen in Regionen und Fächern, wo wir eh gut versorgt sind". Was sind die drängendsten Aufgaben für die nächste Bundesregierung? "Wir haben zu wenig Geld. Das Sozialversicherungssystem ist unterfinanziert", so Huss, es brauche mehr Geld, um die Herausforderungen der Alterung und teure Medikamente bewältigen zu können. (Astrid Ebenführer, 24.6.2024)