Ein Gedenkstein mit den Namen der von der SS ermordeten Deserteure von Goldegg und Kränzen der Opferverbände davor.
Der Gedenkstein für die von der SS ermordeten Deserteure von Goldegg bei der Gedenkfeier 2021.
Foto: Thomas Neuhold

Am 2. Juli 1944 hat eine an die eintausend SS-Männer und Gestapo-Leute zählende Todesschwadron die kleine Pongauer Gemeinde Goldegg überfallen. Ziel des "Sturms", wie die Aktion genannt wurde, war die kleine Widerstandsgruppe um Karl Rupitsch. Am Ende der brutalen Strafaktion gegen die "Goldegger Deserteure" standen 14 Ermordete und zahlreiche Verhaftungen. Noch Jahrzehnte später war es in Goldegg nicht möglich, den Ermordeten ein ehrendes Andenken zu bescheren. Die Gebietskrankenkasse musste einspringen, der Gedenkstein für die Ermordeten liegt jetzt auf dem Grundstück eines Reha-Zentrums der Gesundheitskasse (ÖGK).

Zum 80. Jahrestag der Nazi-Aktion finden am 1. und 2. Juli mehrere Gedenkveranstaltungen in Goldegg statt. Im Mittelpunkt steht dabei die Gedenkfeier beim Mahnmal am 2. Juli. Und hier stehen die Zeichen ganz auf Versöhnung: Jahrelang hatten vor allem ÖVP und Grüne Gedenkprojekte für die Widerständigen – teils offen, teils versteckt – hintertrieben. Zum 80. Jahrestag hat nun aber Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) selbst den Ehrenschutz für die Gedenkveranstaltung übernommen. Auch die weiteren Redner sind durchaus prominent: Neben ÖGK-Obmann Andreas Huss und Bürgermeister Hannes Rainer (ÖVP) wird auch Nationalratsabgeordneter Sepp Schellhorn (Neos) sprechen. Unklar ist, ob auch – wie bisher – die Opferverbände zu Wort kommen dürfen.

Stolpersteine für vier Frauen

Eine Woche nach den Gedenkfeiern werden in Goldegg auch erstmals Stolpersteine verlegt. Sie sind vier von den Nationalsozialisten verfolgten Frauen gewidmet. Sie haben im Widerstand ihre Söhne, Männer, Freunde versteckt, mit Kleidung und Nahrung versorgt, haben das Selbstverständliche getan und wurden verhaftet, gefoltert, in Konzentrationslager verschleppt. Der Ort für die Steine könnte prominenter kaum sein: Sie werden am äußeren Torbogen von Schloss Goldegg verlegt.

Auch bei den Stolpersteinverlegungen hat die ÖVP eine 180-Grad-Wende hingelegt: Der Vorstand des Vereins der Goldegger Deserteure habe die Idee in die Gespräche mit dem Goldegger Bürgermeister Rainer und Landeshauptmann Haslauer eingebracht, berichtet Initiatorin Judith Forsthuber. Zitat von der Homepage des Gedenkvereins: "Beide haben bei diesem Gespräch ihre Zustimmung signalisiert." Der Beschluss im Goldegger Gemeinderat war einstimmig.

Orte des Gedenkens

Den Goldegger Deserteuren ist auch – direkt wie indirekt – die dritte Station der Aktion "Orte des Gedenkens" des Landes Salzburg gewidmet. Die auf ein Jahr begrenzte Gedenkaktion thematisiert 2024 den Unterstützungswiderstand. Theresia und Alois Buder aus Sankt Johann halfen Karl Rupitsch, dem Anführer der Goldegger Deserteurs- und Widerstandsgruppe, zu flüchten. Neben dem Ehepaar Buder unterstützten auch ihr Nachbar Kaspar Wind und dessen Mitarbeiterin Margarete Oblasser die Deserteure in Goldegg. Alois Buder und Kaspar Wind wurden am 28. Oktober 1944 in Mauthausen ermordet, Theresia Buder war im KZ Ravensbrück interniert und starb im Februar 1945.

Erinnerungen an den Austrofaschismus

Eröffnet wird das dichte Programm der Gedenkkultur im Pongau und im Pinzgau am Wochenende vom 29. und 30. Juni im Rahmen des Alpine Peace Crossing (APC). Der Verein für aktive Gedenkkultur wurde 2007 zur Erinnerung an die Flucht von tausenden Juden und Jüdinnen über die Krimmler Tauern nach Italien gegründet. Jährlich finden in Krimml ein Dialogforum und eine Gedenkwanderung über die Tauern statt.

Heuer hat das APC das Motto "Versäumtes Erinnern. Österreich und der Austrofaschismus" gewählt. Die Zeithistorikerin Lucile Dreidemy widmet ihren Beitrag der Geschichte und der Rezeption des Austrofaschismus, die Antisemitismusforscherin Isolde Vogel wird in ihrem Vortrag auf die Bedeutung des Antisemitismus für den Austrofaschismus und die christlichsoziale Bewegung eingehen. Daran schließt ein Filmscreening von Heldenkanzler an. In diesem animierten Kurzfilm verarbeitet der Regisseur und Animateur Benjamin Swiczinsky den Austrofaschismus und die Dollfuß-Diktatur. (Thomas Neuhold, 25. Juni 2024)