Das Bild zeigt ein Autohaus mit einem Volkswagen-Logo
Volkswagen will offenbar noch lange an Verbrennern festhalten. Länger, als man es ursprünglich geplant hatte.
IMAGO/Future Image

Es ist kein Geheimnis, dass die Euphorie für E-Autos in Europa einen Dämpfer erfahren hat. Besonders die Abschaffung des Umweltbonus in Deutschland führt zu einem langsameren Umsatzwachstum. Aber auch in Österreich zeigte sich der Absatz von E-Autos zuletzt leicht rückläufig. Die Gründe dafür sind weniger die Fahrzeuge selbst als vielmehr die Preispolitik der Automobilindustrie und die mangelhafte Subventionspolitik, die bei hohen Anschaffungskosten gegensteuern sollte. Große Hersteller bestärkt diese Entwicklung offenbar darin, nicht alles auf eine Karte zu setzen.

Zumindest bei Volkswagen hat man in der Strategie für Fahrzeugantriebssysteme immer noch genügend Platz für Verbrenner. Von den insgesamt 180 Milliarden Euro, die der Konzern bis 2028 für Forschung und Entwicklung vorsieht, sollen nämlich 60 Milliarden Euro aufgewendet werden, um "unsere Verbrennerautos wettbewerbsfähig zu halten", sagte VW-Finanzchef Arno Antlitz erst im Juni bei einer Veranstaltung von Reuters in München.

Wie Auto Motor und Sport berichtet, sollen die Verkaufszahlen für die Elektrofahrzeuge von Volkswagen, einschließlich der Modelle ID.3, ID.4, Audi Q5 und Škoda Enyaq, zuletzt nicht den erwarteten Zielen entsprochen haben. Das soll zu Produktionsunterbrechungen und deutlichen Preisnachlässen für diese Fahrzeuge geführt haben.

Vorsichtige Doppelstrategie

Dass man offensichtlich ein Drittel der Forschungsgelder immer noch für Verbrenner einplant, ist ein klares Signal, der "alten Technologie" nicht den Rücken zu kehren, wie sie VW-Konzernchef Oliver Blume noch vor kurzem bezeichnete. Die Entscheidung zu einer Doppelstrategie deutet auch darauf hin, dass man von früheren Prognosen des Konzerns abgerückt sein dürfte, wonach man bis 2030 damit gerechnet hatte, dass 80 Prozent aller verkauften Neuwagen E-Autos sein würden.

Die vergleichsweise hohe Summe darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Konzern dennoch den Großteil für die Elektrifizierung und Digitalisierung aufwenden wird. 120 Milliarden Euro fließen unter anderem in die Entwicklung günstiger E-Autos, um dem Druck chinesischer Autohersteller standzuhalten, die mit einer deutlich aggressiveren Preispolitik in Europa Fuß fassen wollen.

Leistbare E-Autos, weniger Touch

Der günstigste E-Volkswagen, womöglich mit der Bezeichnung ID.1, soll im Preisbereich um die 20.000 Euro liegen und dürfte erst 2027 auf den Markt kommen. Man wolle mit dem Projekt die "vollelektrische Einstiegsmobilität in die Breite" bringen, hieß es in der Ankündigung Ende Mai – und wies bei dieser Gelegenheit auch darauf hin, dass man intensiv an einer "Urban Car Family" für die Marken VW, Cupra und Škoda arbeite. Ende nächsten Jahres werden demnach vier Fahrzeuge für unter 25.000 Euro präsentiert.

Im Bereich der Digitalisierung zeichnet sich am Beispiel von Tochter Audi ab, dass man schön langsam erkennt, den Rückstand in der Softwareentwicklung aufholen zu müssen. Der dürfte im Übrigen auch mitverantwortlich dafür gewesen sein, dass Volkswagen den E-Up, sein bis dato günstiges E-Auto, vorzeitig einstellen musste und somit keinen fließenden Übergang zum ID2.all gewährleisten konnte.

Das Bild zeigt den Innenraum des VW ID2.all
Das Designkonzept des ID2.all zeigt, wie sich VW kostengünstigere Elektromobilität vorstellt.
Volkswagen

Die Bedeutung der Softwarearchitektur für die Automobilbranche nimmt jedenfalls zu. Zukünftige Fahrzeuge werden verstärkt um einen oder mehrere Hauptcomputer herum konstruiert – ein Konzept, das in der Branche als "Software Defined Vehicle" bezeichnet wird und eine tragende Rolle spielen wird.

Ganz außer Acht lassen darf man dabei die Wünsche der Kundinnen und Kunden aber auch nicht: So hat der deutsche Autohersteller vor einiger Zeit auf die Unzufriedenheit seiner Kunden mit der Touchsteuerung reagiert und sich entschieden, in seinen Fahrzeugen wieder vermehrt physische Tasten und Schalter zu verwenden. Diese Änderung zeigt sich deutlich im Designkonzept des ID.2all, das einen besonderen Fokus auf Benutzerfreundlichkeit legen soll. Ein bisschen "Oldschool" ergibt also auch künftig durchaus noch Sinn. (bbr, 24.6.2024)