Onlineshopping ist bequem, mittels Smartphone praktisch von überall aus möglich und erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. Doch der Boom hat eine Schattenseite, immer mehr Menschen – vor allem Jugendliche sind gefährdet – tappten in der Vergangenheit mit "Buy now, pay later"-Angeboten in die Schuldenfalle. "Mit dem digitalen Euro wird eine derartige Verschuldung beim Onlineshopping nicht möglich sein", sagte Petia Niederländer, Direktorin für Zahlungsverkehr bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), am Dienstag vor Journalisten. Der digitale Euro sei gleichzusetzen mit Bargeld, da könne man auch nicht mehr ausgeben, als man tatsächlich hat.

Niederländer ist eine Vertreterin der OeNB, die gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und den anderen europäischen Notenbanken am Monsterprojekt "digitaler Euro" arbeitet. Der digitale Euro soll eine Digitalwährung sein, die man nutzen kann wie Bargeld. Der E-Euro wird aber nicht auf einem Bankkonto, sondern in einer digitalen Geldbörse aufbewahrt – einer sogenannten Wallet –, etwa auf dem Smartphone oder einer Karte. Sowohl EZB als auch OeNB betonen immer wieder, dass Bargeld nicht abgeschafft und der digitale Euro eine Ergänzung werden soll. Die Zahlung soll offline mittels NFC-Chips funktionieren und für Konsumentinnen und Konsumenten kostenlos sein.

Symbolbild von einem digitalen Euro
Der digitale Euro soll so etwas sein wie digitales Bargeld, das nicht auf einem Bankkonto, sondern in einer digitalen Geldbörse aufbewahrt wird – einer sogenannten Wallet, etwa auf dem Smartphone.
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Wasserfall gegen Schulden

Es wird für den digitalen Euro eine Obergrenze geben, wie viel Geld man maximal in der Wallet halten kann. Die genaue Höhe steht noch nicht fest, seit Beginn des Projekts kursiert allerdings die Summe von 3000 Euro. Auch Niederländer meinte am Dienstag, die 3000 Euro seien ein guter Richtwert.

Die Wallet soll dann nach dem sogenannten Wasserfallprinzip funktionieren. Das heißt, wenn die digitale Geldbörse nicht genügend E-Euro enthält, um eine Zahlung zu leisten, fließt der fehlende Betrag automatisch aus einem angedockten Bankkonto ab und füllt die Lücke. Vorausgesetzt, das Konto ist gedeckt. Mehr ausgeben, als das Konto zulässt, ist demnach nicht möglich. Das funktioniert auch umgekehrt. Sollte die Wallet zu voll werden, könnte automatisch Geld auf das verbundene Konto abfließen.

US-Konzernen etwas entgegenhalten

Warum forciert die EZB dieses Projekt überhaupt? Mit dem Digitalgeld als Ergänzung zum Bargeld soll unter anderem der zunehmenden Konkurrenz im digitalen Zahlungsverkehr durch US-Unternehmen wie Visa, Mastercard, Paypal oder Apple Pay begegnet werden. "Aktuell werden zwei Drittel aller elektronischen Zahlungen im Euroraum von nur zwei internationalen Zahlungslösungen abgewickelt. Das schränkt die Souveränität des europäischen Zahlungsverkehrs massiv ein, aber begrenzt vielmehr die Konsumentinnen und Konsumenten in ihrer Wahl", sagt Niederländer. Der digitale Euro solle als Alternative zu privaten Zahlungslösungen gerade die Eigenständigkeit des europäischen Zahlungsverkehrs stärken und zu mehr Wettbewerb und Innovation führen.

Die EZB hatte im Herbst grünes Licht für eine Vorbereitungsphase hin zu einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung gegeben, die bis Oktober 2025 dauern soll. In dieser soll das Regelwerk fertiggestellt und Anbieter für die Entwicklung von Plattform und Infrastruktur ausgewählt werden. Ab 2028 soll dann mit dem digitalen Euro bezahlt werden können.

"Seit kurzem steht fest, dass der Rollout für Online- und Offline-Zahlungen gleichzeitig stattfinden kann. Das wirkt für die breite Masse nach nicht viel, ist in der Entwicklung aber ein Meilenstein", sagt Niederländer.

Ein Blick nach China

Im Überbegriff heißen digitale Währungen, die von Notenbanken ausgegeben werden, Central Bank Digital Currency, kurz CBDC. China ist ein Land, in dem es mit dem E-Yuan seit 2020 eine solche Währung gibt. Bisher dürfte diese aber eher ein Rohrkrepierer sein, von Sommer 2022 auf Sommer 2023 wurden gerade einmal 0,16 Prozent der Zahlungen mit dem E-Yuan durchgeführt. Das liegt aber nicht daran, dass man sich in China gegen digitales Bezahlen wehrt. Der Grund sind Apps wie Alipay und Wechat. Mit diesen Applikationen wird bezahlt, gechattet, eingekauft und Nachrichten gelesen. Es heißt, die meisten Chinesinnen und Chinesen würden nicht einsehen, wozu sie den E-Yuan brauchen.

Man beobachte die Entwicklungen in anderen Ländern genau, heißt es bei der OeNB, und sei sich dessen bewusst, dass es dort nicht läuft. Auch das sei einer der Gründe, warum man den digitalen Euro nicht vom Zaun brechen wolle – das Projekt solle auf keinen Fall scheitern und deswegen durchdacht sein. Gründe für das Scheitern in China nennt man bei der OeNB keine. (Andreas Danzer, 25.6.2024)