Für Auftragskiller wurde hierzulande schon die Todesstrafe gefordert. Gut, dass Glen Powell seinem Herzblatt Adria Arjona den Killer nur vorspielt.
2024 LEONINE

Richard Linklater ist ein Meister der leichten Romantik. Gerade in Wien, wo er in den 1990er-Jahren die Liebe vor dem Sonnenaufgang so herrlich zelebrierte, überrascht das nicht. Dass der texanische Independent-Meister aber fast 30 Jahre nach Before Sunrise die Leichtigkeit immer noch draufhat, beweist er mit seinem jüngsten Filmchen Hit Man. "Filmchen" ist bei Linklater überaus positiv gemeint. Denn der Rahmen ist bei ihm nie größer als der Inhalt – ganz im Gegenteil. Das macht Hit Man zu einem perfekten Sommerfilm, mit mehr Substanz und Schmäh, als er verspricht.

Lockvogel als Nebenjob

Rätselhaft, warum der Film im deutschsprachigen Raum den Verleihtitel A Killer Romance verpasst bekommen hat. Es passt jedoch zum herrlichen Verwirrspiel dieser Geschichte. Im Zentrum steht Philosophieprofessor Gary Johnson, der nebenbei für die Polizei arbeitet. Klar, akademische Lehre ist eben nicht gut bezahlt. Außerdem blüht der unauffällige Jedermann in seinem Zweitjob als Lockvogel richtig auf. Er spielt einen Auftragskiller. Sobald die mörderischen Auftraggeber bezahlen, schnappt die Falle zu. "Sting Operation" nennt sich das im US-Polizeijargon.

A KILLER ROMANCE | Offizieller Trailer
Constantin Film Österreich

Garys Doppelleben ist Ausdruck des Wunschs, jemand anderer zu sein. Einmal für einen Abend die Coolness an den Tag zu legen, die einem im Alltag fehlt, wünschen sich wohl viele. Dazu gehört – und hier kommt die Romanze im sommerlichen New Orleans ins Spiel – ein Gegenüber zu beeindrucken. Auftritt der charismatischen Madison, die ihren gewalttätigen Ehemann ums Eck bringen will. Gary verschaut sich in Madison und bringt es nicht übers Herz, sie auszuliefern. Das doppelte Spiel potenziert sich. Nun muss er auch noch die Polizei hinters Licht führen, während er Madison gleichzeitig weiter den feschen Hit-Man vorspielt. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellenden Glen Powell und Adria Arjona ist dabei auf phänomenalem Before Sunrise-Niveau.

Ein famoser Hauptdarsteller

Und weil das alles als frei erfundenes Filmdrehbuch dann doch zu absurd wäre, macht Richard Linklater kein Geheimnis daraus, dass es zumindest den echten falschen Hit-Man Gary wirklich gibt. Journalist Skip Hollandsworth hat ihn vor über 20 Jahren für das Magazin Texas Monthly porträtiert. Durch Linklaters Film wechselt die polizeiliche Scharade nun wieder ins Reich der Fiktionalität, wo das Spiel mit dem Schauspiel zu Hause ist. Hauptdarsteller Glen Powell schrieb am Drehbuch mit und bekam nach der Premiere bei den Filmfestspielen von Venedig endlich den Starstatus, den er verdient. Er spielt die Rolle des Amateurschauspielers famos. Man spürt den Spaß des Darstellers, der sich auf die Figur überträgt. In den Händen eines anderen Regisseurs würde dieses absurde Versteckspiel leicht bis zum Klamauk überstrapaziert. Linklater schafft es aber bravourös, das einstürzende Kartenhaus dieser Meta-Fiktion mit Leichtigkeit und Schmäh zu erzählen. (Marian Wilhelm, 1.7.2024)