Ein Windsack mit einem startenden Kampfjet im Hintergrund.
Über 15 Tonnen, die übliche Startmasse eines Eurofighter Typhoon, an Altmetallen des Bundesheeres soll ein Berufssoldat illegalerweise verkauft haben. Abfangjäger war natürlich keiner darunter, vielleicht fiel es deshalb vier Jahre lang niemandem auf.
EPA / TOMS KALNINS

Wien – Das österreichische Bundesheer wirbt derzeit mit actiongeladenen Imagefilmen im Werbefernsehen für eine Karriere als Berufssoldat. Zumindest ein solcher Unteroffizier fehlt seit über einem Jahr in der Kaserne: Der 52-Jährige ist nämlich seit März 2023 "vom Dienst enthoben", wie es amtlich heißt, da er jahrelang Altmetall aus Armeebeständen auf eigene Rechnung verkauft und seine Untergebenen für dienstfremde Tätigkeiten eingesetzt haben soll. Aus Sicht der Staatsanwältin ist das Amtsmissbrauch, weshalb sich der Österreicher vor einem Schöffensenat unter Vorsitz von Martina Krainz verantworten muss.

Im Mai 2019 soll der Mann begonnen haben, seine berufliche Stellung zu missbrauchen. Er war an einem Wiener Standort unter anderem für die Ablieferung von heereseigenem Altmetall zuständig. Patronenhülsen, Kupferkabel, Akkus, Elektrogeräte, Bleche – all das hätte er eigentlich zur Heeresmunitionsanstalt oder dem Heereslogistikzentrum bringen sollen, wo die Gegenstände entweder wiederverwertet oder als Schrott verkauft werden. Der Angeklagte wählte eine unzulässige und illegale Verkürzung des Dienstweges: Er verkaufte exakt 15,261 Tonnen um 7014,95 Euro an einen Rohstoffhändler in Niederösterreich.

Vier Jahre lang aktiv

Die "Beute" fuhr er selbst mit Heeresfahrzeugen zum Abnehmer, später beauftragte er Rekruten damit. Dass eine Abfallmenge, die immerhin dem normalen Startgewicht eines Eurofighter Typhoon entspricht, nicht am eigentlichen Bestimmungsort ankam, schien vier Jahre niemandem aufzufallen. Erst im März 2023 wurde nachgefragt, und die Sache flog auf.

Der Soldat ist vor Gericht geständig und gibt sich reuig. Ja, er habe die Anklagepunkte begangen und habe auch in zumindest 21 Fällen Grundwehrdiener private Aufgaben für sich übernehmen lassen. Der Vorsitzenden reicht das eigentlich, sie bietet dem Angeklagten aber an, noch zu erzählen, wie es dazu gekommen ist.

Der nutzt die Gelegenheit und schildert seine finanziellen Probleme, die aus seiner Sicht auf den härtesten Feind aller heroischer Vaterlandsverteidiger zurückzuführen sind: Frauen. "Im Jahr 2019 hat sich meine langjährige Lebensgefährtin von mir getrennt, und ich bin auf den Schulden sitzengeblieben", erzählt er. "Auch die nächste Beziehung ist gescheitert", beklagt er sich, was strategisch möglicherweise etwas unklug ist, wenn man einer Vorsitzenden, zwei Schöffinnen, einer Schriftführerin und einer Staatsanwältin gegenübersitzt. "Ja, aber die bösen Frauen haben Sie sich schon selbst ausgesucht!", merkt Krainz auch völlig korrekt an. "Das stimmt", gibt der Angeklagte zu und ortet eine Serie: "Die Nächste hat sich einen Tag, nachdem wir den Mietvertrag unterzeichnet haben, von mir getrennt."

"Riesenblödsinn" erst spät erkannt

"Ich hätte vielleicht besser wirtschaften können", gesteht der verschuldete 52-Jährige dann doch zu, es tue ihm auch leid, was er gemacht habe. Aber: "Ich bin eigentlich erst draufgekommen, was das für ein Riesenblödsinn war, als ich vom Dienst enthoben wurde", scheint sein damaliges Unrechtsbewusstsein nicht übertrieben stark ausgeprägt gewesen zu sein. Er sei auch bereit, den Schaden wiedergutzumachen, sagt er auf die Frage seines Verteidigers. Allein: "Ich habe gefragt, aber das Bundesheer konnte mir bisher nicht beantworten, an wen und wo das zurückgezahlt werden soll."

Sein Rechtsvertreter wirbt angesichts des Geständnisses und der Bereitschaft zur Wiedergutmachung für eine diversionelle Erledigung. Sein Mandant werde es nie wieder machen, beteuert er, und führt als Beleg für den gewandelten Lebensstil an, dass der Angeklagte angeblich in der Früh 30 Kilometer von seinem Wohnort aus zu Fuß zur nächstgelegenen Bahnstation marschiert sei, um den Zug nach Wien zu nehmen. "Er ist vom Leben gezeichnet und hat seine Strafe in der Praxis schon verbüßt", appelliert er an das Mitgefühl des Senats.

Dass der suspendierte Beamte keinen eigenen fahrbaren Untersatz hat, scheint aber nicht nur den Schulden geschuldet: Im Jahr 2021 wurde ihm der Führerschein entzogen, da er vor einer Polizeikontrolle davonraste, wofür er auch vorbestraft ist. Die fehlende Fahrerlaubnis sei dann auch der Grund gewesen, warum er nicht mehr selbst zum Altmetallhändler oder zur Post fuhr, sondern Untergebene dafür missbrauchte.

Zehn Monate bedingte Haft

Mit einer Diversion endet das Verfahren daher nicht: Der Unteroffizier wird nach kurzer Beratung anklagekonform zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt. "Sie haben es uns einfach gemacht, Sie waren ja von Anfang an umfassend geständig", lobt die Vorsitzende in ihrer Begründung. "Das wurde auch als seeeehr mildernd gewertet. Dem gegenüber stehen als Erschwerungsgründe aber der lange Tatzeitraum und die Vielzahl an Angriffen", erklärt Krainz.

Mit dieser Strafe sei auch kein automatischer Amtsverlust verbunden, da dieser erst bei Verurteilungen ab einem Jahr Haft schlagend wird. Zusätzlich wird der Erlös von gut 7000 Euro für verfallen erklärt, muss also an die Staatskasse gezahlt werden. Der Angeklagte und die Staatsanwältin sind mit der Entscheidung einverstanden, das Urteil ist daher rechtskräftig. Das Disziplinarverfahren des Bundesheeres steht dem 52-Jährigen noch bevor. (Michael Möseneder, 3.7.2024)